Ungleichheit: Superreiche an Corona-Kosten beteiligen
Die wirtschaftlichen und sozialen Folgen der Corona-Krise sind immens. Doch sie treffen keineswegs alle gleich: Während viele um ihren Arbeitsplatz bangen oder in Kurzarbeit mit viel weniger Geld über die Runden kommen müssen, leben andere nach wie vor in großem Reichtum. Warum es jetzt einen Kurswechsel in der Steuerpolitik braucht, erklärt der DGB-klartext.
Ungleiche Vermögensverteilung: 10 Prozent besitzen 67,3 Prozent des Gesamtnettovermögens – 1% mehr als ein Drittel
Neueste Berechnungen des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung kommen zu dem Ergebnis, dass die Vermögen hierzulande noch ungleicher verteilt sind als bisher angenommen. Demnach verfügen die 10 Prozent reichsten Personen über 67,3 Prozent des gesamten Nettovermögens. Auf der anderen Seite besitzt die Hälfte der Bevölkerung gerade einmal 1,3 Prozent des Vermögens. Das reichste Prozent verfügt über mehr als ein Drittel des Vermögens. Bisher nahm man an, dass diese erlauchte Gruppe „lediglich“ etwas mehr als ein Fünftel ihr Eigen nennen durfte.
Nicht nur die Vermögen, auch die Einkommen sind sehr ungleich verteilt. Während Top-Manager und Spitzenverdiener von Jahr zu Jahr ein größeres Stück des Kuchens erhalten, reicht bei vielen das Geld nicht bis zum Monatsende. Aktuelle Zahlen des Statistischen Bundesamtes belegen, dass die Armutsgefahr hierzulande so hoch wie nie zuvor ist.
Als arm gilt jemand, wenn er oder sie weniger als 60 Prozent des mittleren Einkommens (Median) zur Verfügung hat. Für eine alleinlebende Person bedeutet dies 1.074 Euro monatlich, für einen Haushalt mit 2 Erwachsenen und 2 Kindern 2.256 Euro.
Armutsgefahr hoch wie nie zuvor
So lebten im Jahr 2019 15,9 Prozent der Bürger in Armut oder sind bedroht von dieser. Das ist der höchste Wert seit Erfassung der Zahlen im Jahr 2005. Diese Entwicklung wird sich vermutlich in der aktuellen Pandemie noch verschärfen. Beim Armutsrisiko zeigen sich erhebliche regionale Unterschiede. Während in Bayern 11,9 Prozent von Armut bedroht sind, ist es in Bremen fast jede/r Vierte (24,9 Prozent). In den westlichen Bundesländern stieg die Armutsrisikoquote in den vergangenen Jahren, während sie in den östlichen Ländern, wenn auch auf hohem Niveau, sank (siehe Abbildung).
Steuergeschenke förderten Ungleichheit
Fakt ist: Die Kluft zwischen arm und reich ist sehr groß. Hierzulande wurden der Niedriglohnsektor und prekäre Beschäftigung jahrzehntelang gefördert. Die Zahl der Beschäftigten, die durch Tarifverträge geschützt sind, sank. Die zahlreichen Steuergeschenke für Reiche zu Anfang des Jahrtausends förderten die Ungleichheit. Zudem entzogen sie den Staatskassen Mittel, die zur Bewältigung der aktuellen Krise dringend nötig wären.
Steuerpolitischer Kurswechsel nötig
Es braucht daher einen steuerpolitischen Kurswechsel, eine Wiedererhebung der Vermögenssteuer, eine effektive Erbschaftssteuer sowie eine höhere Besteuerung von Spitzeneinkommen und eine entsprechende Entlastung der mittleren und kleineren Einkommen. Auch muss die Tarifbindung flächendeckend erhöht werden. Hier muss die Politik die Weichen stellen.
Umverteilung ist nicht nur aus Gerechtigkeitsaspekten sinnvoll, sondern Gebot der ökonomischen Vernunft. Denn der Staat hat richtigerweise viel Geld in die Hand genommen, um die Corona-Krise zu bekämpfen. Super-Reiche müssen viel stärker an diesen Kosten beteiligt werden. Nur so lässt sich die Jahrhundert-Herausforderung „Corona“ meistern.