Erneuerbaren-Verbände müssen fusionieren

Remmers begründet Forderung

Solarpraxis-Vorstand Karl-Heinz Remmers fordert in einem Blogbeitrag in pv magazine den Zusammenschluss der Erneuerbaren-Energien-Verbände. Schon 2015 könnten die Abteilungen Politik und Öffentlichkeitsarbeit in einen neuen Bundesverband für Erneuerbare Energien übergehen – Internationales, Technik und Dienstleistungen könnten während des Übergangs bei den Spartenverbänden verbleiben. Remmers hat seiner Forderung eine Zusammenfassung vorangestellt, die er anschließend ausführlich begründet.

Zusammenfassung

  • Ich fordere: Die Spartenverbände der erneuerbaren Energien sollen umgehend zu einem Gesamtverband BEE fusionieren. Teilschritte können sein, dass zu Beginn von 2015 die Politik und Öffentlichkeitsarbeit übergeht und die Bereiche, die Internationales, Technik und Dienstleistungen abdecken, während des Übergangs bei den Spartenverbänden verbleiben. In der Übergangszeit soll die Doppelmitgliedschaft von Unternehmen in Spartenverbänden und dem BEE, ebenso ein Wechsel aus Spartenverbänden zum BEE erlaubt sein. Der Beitrag dafür soll mindestens 25 Prozent steigen, damit die Erneuerbaren stärker werden.
  • Das muss ein großer und kein kleiner Schritt werden. Nicht einfach ein bisschen mehr Zusammenarbeit, sondern ein neuer Verband mit starken Persönlichkeiten an der Spitze. Nur so kommen wir aus der Defensive heraus.
  • Der neue Gesamtverband muss umfassende Lösungen für die Energiewende anbieten und dafür gewinnende Lobbyarbeit machen. Das EEG muss so zu einem Energiewendegesetz werden. Das kann kein Einzelverband. Energiewende können nur alle gemeinsam.
  • Der BDEW und die Gewerkschaften zeigen, wie starke Verbände aussehen. Hildegard Müller hat den BDEW zu einem schlagkräftigen Verband gemacht.
  • Die Zusammenführung der Solarverbände zum BSW vor zehn Jahren zeigt, wie eine Fusion erfolgreich funktionieren kann. Jetzt ist der nächste Schritt nötig.
  • Die Mitglieder der Einzelverbände müssen diese in die Pflicht nehmen und zum Zusammenschluss auffordern. Dazu ist beispielsweise das Plenum auf der BSW-Mitgliederversammlung am 26.11.2014 die Gelegenheit.

Neue Energiewirtschaft schlagkräftig und schnell durchsetzen

Herrmann Albers, der Präsident des Bundesverbandes Windenergie (BWE) sprach mir aus der Seele, als er im Editorial von „Neue Energie“ zu einer „Energieverbändewende“ aufrief. „Ich will einen BEE 2.0, der alle Spartenverbände abbildet“, sagte Albers. Der BEE ist bereits heute der Dachverband einer ganzen Reihe von EE-Verbänden; Herrmann Albers will diesen nun stärken und somit schlagkräftiger machen. Er proklamiert massiv die Idee des Gesamtverbandes. Das ist vollkommen richtig so, allerdings muss es ein großer und kein kleiner Schritt sein. Nur ein mutiger großer Schritt, bei dem alle oder zumindest das Gros der derzeit im BEE organisierten Verbände in einem neuen Verband aufgehen, kann die neue Energiewirtschaft schlagkräftig und schnell durchsetzen.

Es muss ein Schritt vom Dachverband zum Gesamtverband sein, vom „Bundesverband Erneuerbare Energie“ zu einem „Bundesverband Neue Energie“ – oder wie auch immer man das nennen mag. Dieser Schritt ist sofort möglich.

Was wir nun leisten müssen

Es ist lange überfällig zu handeln, die herben Rückschläge der vergangenen Jahre in Politik und Öffentlichkeit haben das mehr als genug gezeigt. Sie waren für den Markt katastrophal. Eine Lösung für die Energiewende haben wir nur gemeinsam, keine erneuerbare Energie kann sie alleine leisten, auch kein Betreiber und auch kein Komponentenverband. Die Politik und die Öffentlichkeit wollen stimmige, plausible Lösungsansätze, positiv besetzte Visionen und auch klare Beschreibungen des hohen Nutzens der erneuerbaren Energien. Das müssen wir mit einer starken Stimme leisten.

Das gilt auch für progressive Vorschläge, für solche die nach vorne weisen. Solche brauchen wir in vielen Bereichen, zum Beispiel auch für den Umgang mit dem Strukturwandel im Kohlesektor. Solange die Mitarbeiter in der Braunkohlewirtschaft in der Energiewende keinerlei Perspektive für sich und ihre Familien sehen, werden Betriebsräte und Gewerkschaften natürlich all ihre Kraft einsetzen, um die Energiewende zu bremsen.

Gewerkschaften sind übrigens auch ein gutes Beispiel dafür, was eine zentrale, straffe Organisation vermag, indem sie richtig Tamtam macht und die richtigen Kanäle politisch und öffentlich nutzt. Wie schwach wir derzeit hingegen sind, zeigt das stille Sterben vieler unserer Betriebe und der katastrophale Stellenabbau in der Photovoltaik von 2012 bis heute. Die Regierung kann es sich bei unserer Schwäche sogar leisten, diesen launisch zu kommentieren. Wir haben in dieser Zeit in vielen Unternehmen mehr Stellen verloren, als die ganze Kohlebranche überhaupt noch aufbieten kann – aber niemand hat darüber geschrieben, schon gar keiner hat sich um die persönlichen Schicksale gekümmert.

Das ist eine Sauerei, liegt aber auch an der Artikulation und den Mechanismen der Wahrnehmung. Beides kann nur in Richtung kleiner Betriebe und Mittelstand gelenkt werden, wenn dieser geschlossen auftritt, sonst haben immer Konzerne und Gewerkschaften mehr Präsenz und bekommen damit im Zweifel auch mehr Hilfe.

Welche Stellungnahmen werden wohl gelesen?

90 Stellungnahmen der deutschen EE-Kleinstaaten zu den Ausschreibungsmodellen im PV-Bereich zeigen das ganze Problem: der BDEW hat eine Stellungnahme nebst zugehörigen wissenschaftlichen Studien vorgelegt. Von unserer Seite wurde viel vorgelegt – aber eben keine Studie. Der BDEW hat in der Präambel seiner Stellungnahme die Ausschreibungen auch nicht erst einmal abgelehnt, er hat gezeigt, dass er gestalten will.

Wem wird wohl wegen des Gewichts und der Art der Darbietung mehr zugehört? Das Klein-Klein hatten wir bei den EEG-Novellen; die Kraft reichte nicht, konsistente Modelle für die nächsten Schritten vorzulegen. Genau das müssen wir aber tun, sonst wird immer die Gegenseite vorne sein. Klein, innovativ und sehr flexibel – das ist die Stärke aber auch die Schwäche von Handwerk und Mittelstand. Es ist eine Stärke in Konzept, Produkt, Kundennähe und der sozialen und gesellschaftlichen Präsenz vor Ort. Aber es ist die Schwäche im Konzert von extrem lauten Konzernen oder halbseidenen Geschäftemachern. Denn die Politik ergibt sich viel zu oft den massiv auftretenden klassischen Industrievertretern oder eben geschickt mit Günstlingswirtschaft agierenden Personen. Denken Sie an die unlängst bekannt gewordene Geschichte über den Gründer von AWD und seinem vermuteten Einfluss auf die Herren Wulff, Schröder und Rürup.

Außerdem ist die Politik gerade auch auf der Bundesebene auf Vertrauen angewiesen und sucht dieses viel zu oft in ihrem Umfeld. Dann ist es völlig egal, ob die „Vertrauten“ möglicherweise eine bremsende oder gar schädliche Rolle einnehmen. Nur eine kraftvolle Vertretung kann diese Nachteile zumindest abmildern, im Zusammenspiel mit einer aktiven Bevölkerung vor Ort auch in einen echten Vorteil ummünzen.

Wie sieht es derzeit aus?

Die Einzelverbände der EE-Seite arbeiten oftmals mit hoher innerer Motivation und auch vielfach sehr hohem Engagement, allerdings in weiteren Teilen eben jeder in seiner Sparte. Die Einzelverbände sind in der Logik gefangen, dass sie ihre eigene Existenz sichern müssen. Sie wachen darüber, dass Unternehmen, die nur einen Teilbereich der Erneuerbaren abdecken, bloß nicht direkt dem BEE beitreten – und das, obwohl viele (Solar-)Unternehmen dies gerne tun würden.

So wurden gerade auch von der Solarseite (vom BSW-Solar) Beitritte in den BEE verhindert – mit der Folge, dass namhafte Unternehmen heute weder dem BSW noch dem BEE angehören. Wacker Chemie (bekanntermaßen kein kleiner Solarspieler) ist so aus dem BSW-Solar raus und dann eben zum BWE. Es sieht seltsam aus, denn während Wacker auch ein bisschen Wind zuliefert, spielen sie im Solarkonzert als ein führender Silizium-Hersteller sehr profitabel und gut hörbar mit. Und doch raus aus dem BSW-Solar, der sich als Industrieverband der Solarwirtschaft definiert (angeblich wegen massiver Unzufriedenheit).

Andere Unternehmen wie Belectric sind gleich in den BDEW eingetreten, weil sie sich dort besser aufgehoben fühlen. Natürlich kann man sich für das Konzept „Wandel von innen“ entscheiden, gerade wenn man als Unternehmen nicht das Gefühl hat von der heutigen EE-Verbandslandschaft richtig vertreten zu werden. Aber das ist aus meiner Sicht zumindest kein Weg für die Branche, denn zu groß ist der Anteil der Energiewendeverlierer im BDEW, zu groß der Ant*eil derjenigen die noch immer überhaupt keine Idee haben, wie sie von der neuen Energiewirtschaft profitieren können und daher sehr geschickt alles tun, um zu bremsen oder zu zerstören. Allerdings nicht mehr in direkter Ablehnung.

Derzeit ist der BDEW eher der Verband der Energiewendeverlierer (seine größten Mitglieder klagen beinahe täglich über die Verluste aus der Energiewende), nicht der Gestalter (Gewinner will man kaum noch schreiben, denn die Gestalter gehen ja dank des Ausbremens reihenweise pleite).

Die Schlacht um die Deutungshoheit

Trotzdem frohlockt der BDEW mit weiterem Zuwachs aus dem Bereich der erneuerbaren Energien. Mit jedem neuem Mitglied aus dem „klassischen“ EE-Bereich steigt seine Deutungshoheit in der Energiewende. Das muss jedem bewusst sein, der diesen Weg geht. Diese Deutungshoheit hilft ihm dann, echte Dezentralität in den Händen neuer Spieler zu verhindern – der letzte deutliche Ausdruck davon war der massive Versuch des BDEW, auch für den Eigenverbrauch aus kleinsten Solarstromanlagen die EEG-Umlage zu fordern.

Solche Forderungen sind für den BDEW vollkommen rational. Jede dezentrale Anlage untergräbt die Macht der noch immer im BDEW herrschenden Mehrheit von zentral agierenden (Groß-)Unternehmen. In ihnen gibt es durchaus viel Bewegung Richtung erneuerbarer Energie, aber bisher eben nur Bewegung. In den Spitzen wird weiter munter gebremst, zum Verdruss der Aktiven. Die Mehrheitsmitglieder des BDEW haben in der Landschaft der erneuerbaren Energien nur lächerlich kleine Marktanteile und tun dennoch so als ob sie das Geschäft und die Technik verstehen. Das tun sie aber nicht – und wie schlecht sie es bisher drauf haben, das haben die Größten unter anderem in dem jämmerlich gescheiterten Desertec-Projekt gerade eindrucksvoll gezeigt. Es ist fast so, als wolle der Verband Großer Schweinemäster die Regeln für vegane Produkte definieren. Das würde allerdings jeder sofort erkennen.

Nicht so im ohnehin immer staatsnahen und von Subventionen durchseuchten Bereich der klassischen Energieversorgung. Auch 2014 zeigt sich bei näherer Betrachtung, wie schlecht das EE-Geschäft in großen Teilen des BDEW verstanden wird (Gas und Wasser sind da eh fast komplett raus, die einen haben halt eh nix anderes als Gas anzubieten, die anderen machen in Teilmonopolen Wasserwirtschaft). Aber auch die Unternehmen, die man als aktiv bezeichnen könnte, und die sich auch oft so zeigen, also die große Mehrheit der Stadtwerke (leider), tun alles, was sie können, um in BDEW und VKU (beide reden über eine weitere Großfusion) zu bremsen, wo es nur geht.

Die Nähe zum Kunden, der seit Jahren erneuerbare Energien will, wird da nicht genutzt. Auch das hat ganz existentielle Gründe, die wiederum mit der Politik zu tun haben: So wurden in den 2000er Jahren die Stadtwerke ermuntert, in eigene Kohle- und Gaserzeugung zu investieren. Beides hängt vielen nun wie ein Mühlstein am Hals und bremst natürlich jeden Elan. Aber statt hier den klaren Schnitt, also eine Stilllegung mit Entschädigung zu fordern, laufen sie wie die Lemminge der neuen Dauersubvention Kapazitätsmärkte hinterher. Wohlgemerkt nicht alle – aber die, welche das nicht für ein zukunftsweisendes Element halten, sollten besser in den neuen BEE wechseln.

Der BDEW bremst nicht nur die dezentrale Energiewende, sondern ist dabei auch noch richtig aktiv und überzeugend. Er unterfüttert seine Anliegen mit Studien und im technischen Bereich mit klaren Vorgaben und Vorschlägen. Da sind übrigens oft gute Themen dabei, welche die Seite der EE-Verbände gar nicht abdecken.

Vom BDEW lernen

Beim BDEW werden zum Teil krasse Meinungsunterschiede zu einheitlichen Stellungnahmen zusammengeführt – so wundert es kaum, dass die Politik den BDEW auch mal als besten Ansprechpartner in der EEG-Novelle 2014 nannte. Kein gutes Wort dagegen zur EE-Verbandsseite.

Stattdessen kommt immer wieder die Klage aus der Politik, dass es eben keine konsolidierte Meinung aus dem EE-Bereich gebe oder sogar offene Feindschaft, beispielsweise zwischen Wind-Offshore und Photovoltaik. Gerade erst vergangene Woche musste ich mir das mal wieder auf einem Podium anhören. Meine Antwort war: „Ich bin für einen Zusammenschluss.“ Der BDEW kann dafür als gutes Beispiel dienen, wie das geht und was das bringt. Denn vor der personellen Erneuerung und dem Zusammenschluss von Strom, Gas – und Wasserseite hatte der damalige VDEW deutlich an politischer Kraft verloren und war in den Medien eher Prügelknabe, denn Partner.

Dann kam der kaum für denkbar gehaltene Schritt zu einem Gesamtverband, mit Verbänden und Mitgliedern aus unterschiedlichen technischen Gebieten,  mit sehr sehr unterschiedlichen Strukturen und unterschiedlichen Märkten. Das war verbunden mit allen Problemen, Eifersüchteleien und Kleinkriegen, die man sich vorstellen kann. Auch heute noch gibt es im BDEW Spannungen, die zum Teil zu massivsten Auseinandersetzungen hinter den Kulissen führen. Aber haben Sie etwas davon mitbekommen? Außen sieht man eine mächtige Lobbyorganisation, die auch glaubwürdig auftritt, und ihre massiven Eigeninteressen geschickt hinter dem Allgemeinwohl zu verbergen versteht.

Hildegard Müller abwerben?

Das wird sehr stark den handelnden Personen geprägt, vornehmlich der superstarken und politisch eng vernetzten Geschäftsführerin Hildegard Müller (Liberty Girl), die von außen geholt wurde. Vielleicht sollte Frau Müller umgehend nach Verfassung des Bundesverbands Neue Energie vom BDEW abgeworben werden. Das wäre doch ein interessantes Gedankenspiel, oder? Real wird es sicher ein heftiger Ritt, um an einen solchen Punkt überhaupt zu kommen, denn auch unsere „jungen“ Strukturen sind mittlerweile alt.

Und so mancher hat bis heute nicht verstanden, dass uns unser Erfolg in eine neue Phase katapultiert hat. Das ist eine Phase, in der unter anderem das alte EEG eben in ein neues Gesetz, ein Energiewendegesetz münden muss. Das muss alle Facetten des Gesamtsystems, der Wärme, der Mobility usw. enthalten. Dieses „Energiewendegesetz“ ist ein richtig zu begleitendes Paket ist für das eben Ideen, Ideen, Ideen von uns kommen müssen und das die Politik mit einem geeigneten Projektmanagement umsetzen muss. Erste Schritte gibt es da, aber die Bremser werden das nicht in unserem Sinne fördern.

Und es gibt immer neue Verbände, die aufgrund neuer Märkte (zum Beispiel Energiespeicher) oder auch aus Unzufriedenheit mit den bestehenden Strukturen entstehen. Jeder für sich gut gemeint unterwegs, unterschiedlich professionell – aber alle zusammen eben Minis gegenüber dem BDEW oder anderen Verbänden, die das Energiegeschehen nicht im Sinne der erneuerbaren Energien bearbeiten. Es hilft also nichts – ein Zusammenschluss ist nun das Gebot der Stunde.

Endspiel oder Aufbruch in eine neue Ära?

„Wie soll das gehen?“ oder „das gibt Krieg, da haben ja einige sehr viel zu verlieren“ – so war manche Reaktion von Partnern der Branche während eines Treffens zur Einweihung des Batteriespeichers von Younicos und WEMAG in Schwerin, kurz nach dem Aufruf von Herrmann Albers. Mein lapidarer Kommentar dazu: „Dann muss es eben Vereinigungskriege geben.“

Die Situation erinnert an die Zeit der deutschen Kleinstaaten in der Endphase des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation, als kleine Fürstentümer ihre kleine Macht abzusichern suchten und überall Wegezölle erhoben. Sie waren aber den Zielen, Notwendigkeiten und auch Bedrohungen des Umfeldes nicht mehr gewachsen. Da wir aber ja keine Kleinstaaten sind, kann ein Krieg auch ganz einfach so aussehen, dass die Mitglieder mit den Füßen abstimmen. Sperren sich Verbände, dann sollten die Mitglieder gehen. Wir haben das als Unternehmen bereits mit einigen Mitgliedschaften getan und würden auch sofort Mitglied eines neuen BEE – dort dann mit gebündeltem Beitrag, gerne soviel wie vorher in vier Verbänden plus 25 Prozent damit keiner sagen kann, wir wollten nur Geld sparen.

Vereinigung zum BSW-Solar als Vorbild

Dabei sind Ängste in den Organen der bestehenden Verbände oder gar bei den Mitarbeitern doch sehr unterschiedlich zu werten. Während es wohl am Ende nur eine Hauptgeschäftsführung geben kann, so werden für die Umsetzung natürlich mindestens genauso viele Menschen gebraucht wie heute. Und die Organe sind von den Mitgliedern auf Zeit gewählte Vertreter – wohlgemerkt gewählt und das nur auf Zeit. Werden andere in einen neuen Gesamtvorstand gewählt, dann wird dieser, so man sich den BDEW auch hier als Beispiel nimmt, sicher gut nach den einzelnen Sparten austariert, aber eben neu bestimmt.

Die Angst, etwas zu verlieren, ist also sehr relativ in den Verbänden. Gerade die Solarbranche hat es nach vielen Feindseligkeiten und Eifersüchteleien ja schon gezeigt, wie aus einstmals drei Verbänden im ersten Schritt im Jahr 2001 und dann mit dem zweiten Schritt im Jahr 2005 nur noch einer wurde. Auch hier gab es wilde Bocksprünge, wollte 2001 doch zunächst der DFS mit um UVS fusionieren, um sich dann in einer turbulenten Mitgliedersammlung im November 2001 zu einer kurz vorher eingebrachten Fusion mit dem BSE zu entscheiden. Drei Jahre später aber ging es dann weiter, und bis 2008 hat der gemeinsame Verband BSW-Solar dann viele Erfolge errungen. Danach geriet er dann mehr und mehr in eine oftmals unglückliche Abwehrschlacht.

Fehler eingestehen – Glaubwürdigkeit gewinnen

Diese Abwehrschlachten haben zu einer schweren Erosion des Vertrauens von Politik und auch den wenigen neutralen, bzw. wohlgesonnenen Medien geführt. Das wollen viele Mitglieder und Funktionsträger seit Jahren nicht wahrhaben. Auch nicht, dass wir ohne bösen Willen viele Fehler in der Kommunikation gemacht haben, unter anderem, weil fast niemand innerhalb der Branche mit dem 2008 eingetretenen Preissturz gerechnet hat und entsprechend aus Angst heraus auch nur defensiv und hart argumentiert wurde. So hatten zum Beispiel deutsche Modulhersteller zum Jahreswechsel 2008/2009 wegen des Booms in Spanien 2008 noch keinerlei Zellpreise, welche die damals hohe Absenkung von mehr als 10 Prozent zum Vorjahr abbildeten. Entsprechend hart war die Verteidigung der alten Reduktionsregel von 5 Prozent pro Jahr. Was dann 2009 an Preisverfall geschah, kam wie ein Tsunami. Kaum zu glauben für Außenstehende, die so etwas wie ein Komplott witterten.

Wie so oft im Leben war nicht böser Wille, sondern schlicht „keine Ahnung“ die Ursache. Oder hätten Kunden absichtlich mehr als eine Milliarde Euro allein bei Applied Materials in den Kauf von Dünnschichtproduktionen investiert, wenn sie das vorher gewusst hätten? Denn nach dem Spanien-Hype und dem anschießenden Preisverfall waren diese teuren Anlagen binnen Monaten nicht mehr wettbewerbsfähig. Oft gerieten Käufer direkt nach der Auslieferung in Not, inzwischen sind nahezu alle in die Pleite und oder Demontage gegangen. Irre, aber Realität – und kein Komplott.

Die Fehler müssen wir uns alle eingestehen und auch neu kommunizieren. Dazu gehört aber auch, dass wir das absolut Positive daran ebenfalls vermitteln. Ähnlich verhält es sich übrigens mit der Biogasbranche, die von der EEG-Novelle 2014 stark getroffen wurde. Hier wurde über Jahre die massive Kritik an der Flächennutzung durch Mais und an den lokaleren Emissionen vernachlässigt. Lange everbody`s darling, gerade in der Union, und dann batsch und quasi raus. Die Windbranche hat noch einmal Glück gehabt, mal sehen, wie lange. Und in Sachen Offshore besteht eine als Feindschaft zu bezeichnende Situation mit den Onshore-Energien. Diese Feindschaft muss beendet werden, auch wenn das schwer wird. Aber wie wäre es, hier mal auch auf der Onshore-Seite die Chancen zu sehen?

…Um es nicht falsch zu verstehen:

Wir müssen hart in der Sache für unsere Interessen arbeiten, das ist bei Solarenergie nicht anders als bei Autos oder der Kohlewirtschaft. Das lesen viele vielleicht nicht gerne, aber von außen betrachtet sind wir in diesem Kontext Lobbyisten, und das wirft uns die beinharte Gegenlobby ja auch vor. „Das hätten wir von Euch ja nicht erwartet“ – als wären wir ein Sozialverband oder alle heilig. Was wir natürlich nicht sind, auch wenn die Sache sehr gut für die Menschheit ist und bleibt. Wir hören es uns oft viel zu lange an, weil wir nachdenklich sind, weil wir vielleicht selber Hemmungen haben, Lobbyisten zu sein. Dafür werden wir dann gleich wieder angepampt. Wir müssen aufpassen, uns nicht in eine Ecke drängen zu lassen, die da lautet „die Solarbranche lobbyiert zu hart“. Die böse mächtige Solarlobby ist auch eine gerne genutzte Kreation der Gegenseite, publiziert von Welt, Handelsblatt, FAZ und natürlich dem Spiegel. Es ist ein schönes Spiel, beinharten Lobbyisten klassischer Industrieverbänden willen- und hirnlos zu folgen, um gleichzeitig die Solarbranche zu brandmarken. Aber das Spiel ist so erkennbar, dass es den Journalismus an sich gefährdet und daher immer weniger mitspielen wollen.

Also: eine neue Kommunikation und gleichzeitig ein neues Selbstbewusstsein – das muss der nächste Schritt sein. Die Unternehmen der EE-Branche haben viel zu verlieren, nämlich schlicht ihre Existenz, wenn es uns nicht gelingt, die Deutungs- und Gestaltungshoheit umgehend wieder zu gewinnen. Die Chancen sind da, und Rückenwind kommt derzeit witzigerweise aus USA und China.

Also – nochmal: Gehen Sie mit der klaren Botschaft auf Ihre Verbandsspitzen zu: Zeit zum Zusammenschluss!

Gerade für die Solarbranche gibt es auf unserem Forum Solarpraxis viel Gelegenheit, diesen Schritt zu gestalten, und zwar auch schon am Tag zuvor in der Mitgliederversammlung des BSW-Solar, die ebenfalls in Berlin im Hilton Hotel stattfindet. Wie vor zehn und 14 Jahren ist es Zeit, mit den Stimmen der Mitglieder im Solarverband den Organen den Auftrag zur Gestaltung von etwas Neuem, Stärkerem zu geben.

Ich fordere: Die Fusion muss das Hauptziel sein und umgehend stattfinden. Fehlt der Mut zum sofortigen großen Schritt, sollten trotzdem bereits 2015 die Politik und Öffentlichkeitsarbeit aus allen Sparten an den neuen BEE übergehen. Die Bereiche, die Internationales, Technik und Dienstleistungen abdecken, können in der Übergangsphase bei den Spartenverbänden verbleiben. Für die Übergangszeit sollte die Doppelmitgliedschaft in Spartenverbänden und BEE erlaubt werden, ebenso der Wechsel von einem Spartenverband zum BEE. Der Beitrag dafür sollte um mindestens 25 Prozent steigen. Wir brauchen das, um stark genug zu werden.

Karl-Heinz Remmers, Dipl.-Ing. Energietechnik, geboren 1968 in Bad Kreuznach, studierte an der TU Berlin und ist Vater von vier Kindern. Er ist Gründungsmitglied (1998) und wurde 2006 Vorsitzender der Solarpraxis AG. Seit 2000 entwickelte er zehn internationale Konferenzformate zur Informationsvermittlung im Bereich Solartechnik. Seit 1993 mehr als 200 internationale Vorträge und Fachartikel zum Thema Thermische Solaranlagen und Photovoltaik. Autor bzw. Co-Autor der Fachbücher Photovoltaik für Profis, Solarstrom für alle, Große Solaranlagen, Sonnenwärme für den Hausgebrauch, Langzeiterfahrungen Solarthermie, Leitfaden Thermische Solarenergie, SolarDachFibel, die in sechs Sprachen übersetzt wurden. Als Pionier steht er nach eigener Aussage für einen kompetenten Einsatz der Ingenieurleistungen in der Solarpraxis AG.

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