TTIP als Klimabremse taugt nichts

Es ist ruhig geworden um das Thema EEG-Reform – die Aufregung ist von den Titelseiten wieder in die Wirtschaftsspalten zurück gekehrt (was nicht heißt, dass sie unberechtigt war, und was noch viel weniger heißen soll, die Energiewende sei auf gutem Wege). Dafür ist ein anderes Thema seit der Europa-Wahl nach vorne gerückt: TTIP (Transatlantic Trade and Investment Partnership = transatlantische Handels und Investitions-Partnerschaft) – das Freihandelsabkommen zwischen der EU und den USA (plus CETA, das mit Kanada). Dabei geht es um Sozialstandards, um Energie und Klima (nicht nur Fracking, auch Energie-Verbrauchsstandards und -Effizienz).
Erst am 20.09.2014 hat die SPD beschlossen: „Zu einem Abbau von wirtschaftlichen, sozialen oder kulturellen Standards darf es durch ein transatlantisches Freihandelsabkommen nicht kommen.“ Exakt umgekehrt müsse die TTIP belegen, dass sie „zu … nachhaltigem Wirtschaften im globalen Maßstab“ beitrage. „Ein Freihandelsabkommen darf nicht dazu führen, dass europäische Standards etwa im Arbeits- und Umweltrecht, beim Daten- oder Verbraucherschutz in Frage gestellt oder Investoren vor internationalen Schiedsstellen rechtsstaatliche Standards und demokratische politische Regelungen zum Schutz von Gemeinwohlzielen aushebeln können.“
Hauptstreitpunkt ist nämlich Letzteres: das in der TTIP enthaltene Investitionsschutzabkommen, in dem sich die vertragschließenden Parteien von vorneherein bedingungslos ohne weitere Instanz jedem Spruch der (angeblich unabhängigen) Schiedsgerichte unterwerfen. Hauptverdachtsmoment ist aber die Geheimnistuerei: Wer nur hinter vorgehaltener Hand spricht, hat etwas zu verbergen. Die Katze ließ die EU-Kommission aus dem Sack, als sie der „Europäischen Bürgerinitiative gegen TTIP und CETA“ (Forderung: „Verhandlungsmandat für TTIP aufheben, CETA nicht abschließen“) mit mehr als 240 Organisationen aus 21 EU-Ländern am 10.09.2014 die Anerkennung versagte („liegt offenkundig außerhalb des Rahmens, in dem die Kommission befugt ist, einen Vorschlag für einen Rechtsakt der Union vorzulegen“).
Doch der Geist ist aus der Flasche: Bei der weltweiten Klima-Demo am 21.09.2014 spielte die Kritik an der TTIP eine herausgehobene Rolle. Und jüngst wurde Wirtschaftsminister Gabriel in Berlin bei einer Buchvorstellung (Marcel Fratzscher „Die Deutschland-Illusion“) nach der TTIP gefragt. Er bekannte sich dazu, dass er die Partnerschaft für notwendig halte, nannte aber als Haupthindernisse das Investitionsschutzabkommen und die Intransparenz: Wenn er als Minister in einen datensicheren Raum geführt werde, nichts mitnehmen und nichts herausnehmen dürfe, schnell in den Akten blättern könne, und sich anschließend gut informiert fühlen solle, dann finde er das so nicht in Ordnung.
Als Beispiel nannte Gabriel die Vattenfall-Klage vor dem Bundesverfassungsgericht und dem Schiedsgericht (International Centre for Settlement of Investment Disputes (ICSID)) der Weltbank (Solarify berichtete). Sollte die alte EU-Kommission jedoch in Wirklichkeit vorgehabt haben, die Verhandlungen zu torpedieren, dann habe Kommissar de Gucht das „hervorragend gemacht“, indem er die europäische Öffentlichkeit völlig ignoriert habe. Allerdings hätten wir jetzt „das letzte Mal die Chance auf ein solches Abkommen“, Portrait ho Foto © Manfred Knopp -20090207dann würden wir in anderen Teilen der Welt (er meinte Asien) „diesen Chancen hinterher laufen“, bekannte Gabriel.
Wie auch immer: Wenn die TTIP den Weg in eine kohlenstoffarme Wirtschaft verschwierigt oder gar blockiert, taugt sie nichts.
-Gerhard Hofmann-