Giga-Brummis verfassungsgemäß

BVerfG erlaubt Feldversuch mit Gigalinern
Union, DSLV, BGA begrüßen Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts
Baden-Württemberg, SPD weiter dagegen

Auch ohne explizite Zustimmung der Bundesländer dürfen Lang-Lkw auf Bundesfernstraßen eingesetzt werden, urteilte das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe am 28.05.2014. Die Verordnung über Ausnahmen von straßenverkehrsrechtlichen Vorschriften für Fahrzeuge und Fahrzeugkombinationen mit Überlänge ist damzufolge mit dem Grundgesetz vereinbar. Die Klagen der Bundesländer Baden-Württemberg und Schleswig-Holstein sowie der Bundestagsfraktionen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen wurden damit abgewiesen, der Feldversuch kann wie geplant fortgesetzt werden.

Aus dem Urteil: „Die bis 2016 befristete Rechtsverordnung zur Erprobung von ‚Gigalinern‘ ist mit dem Grundgesetz vereinbar. Dies hat der Zweite Senat des Bundesverfassungsgerichts mit heute veröffentlichtem Beschluss entschieden. Die Rechtsverordnung ist von den Ermächtigungsgrundlagen des Straßenverkehrsgesetzes gedeckt, konnte ohne Zustimmung des Bundesrates erlassen werden und genügt den Anforderungen des Zitiergebots und des Parlamentsvorbehalts.“

DHL-DAF-Gigaliner Schweden – Foto © wikimedia.org_wikipedia_commons – CC BY 2.0

„Die Entscheidung des Gerichts ist eine wichtige Grundlage für alle Speditionen, die gemeinsam mit ihren Logistikpartnern mit dieser Transportform Systemverkehre getestet und bereits etabliert haben“, begrüßte der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Speditions- und Logistikverbands (DSLV) Frank Huster die Karlsruher Entscheidung, und weiter: „Die betriebswirtschaftlichen und ökologischen Vorteile des Lang-Lkw sind für die am Feldversuch teilnehmenden Speditionen und ihre Auftraggeber offensichtlich.“ Als volumeneffiziente Fahrzeuginnovation sei der Lang-Lkw vor allem zwischen Knotenpunkten und nicht in Städten unterwegs. „Ein positives Signal für den Wirtschaftsstandort Deutschland“, sah auch Anton F. Börner, Präsident des Bundesverbandes Großhandel, Außenhandel, Dienstleistungen (BGA) in der Entscheidung.

Die damalige CDU/CSU/FDP-geführte Bundesregierung hatte den Einsatz im Rahmen des Feldversuchs per Ausnahmegenehmigung zugelassen, allerdings ohne Einbeziehung von Bundestag und Bundesrat. „Die Aussage des Gerichts bietet nicht nur der Wirtschaft, sondern auch dem Bundesverkehrsministerium und der Politik jetzt mehr Sicherheit. Der Feldversuch sollte ergebnisoffen fortgeführt und das Streckennetz erweitert werden“, forderte Huster. Dafür müsse auch Brüssel die rechtlichen Grundlagen schaffen. Huster: „Bestehende Stückgutsystemverkehre auf der Straße werden heute von 38 Unternehmen mit 73 größeren Einheiten lediglich effizienter und gleichzeitig sicher durchgeführt, eine wettbewerbliche Gefahr für die massengutaffinen Bahnen ist der Lang-Lkw grundsätzlich nicht.“

Baden-Württemberg, Schleswig-Holstein sowie die Bundestagsfraktionen von SPD und Grünen hatten Zweifel an der Rechtsgrundlage des Tests geltend gemacht. und wollten verhindern, dass die sogenannten Lang-Lastwagen auch ohne Zustimmung der betroffenen Bundesländer Strecken probeweise befahren dürfen. Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) und die Speditionsbranche begrüßten das Karlsruher Votum, SPD und Grüne bekräftigten ihre Bedenken.

Nach Angaben des Bundesverkehrsministeriums waren bis zum April dieses Jahres 38 Unternehmen mit 72 Lastwagen, die 25,25 Meter messen dürfen – also 6,50 Meter mehr als sonst zulässig, für den Versuch angemeldet. Erste Ergebnisse der Feldtests sollen noch im Sommer in einem Zwischenbericht vorgestellt werden.

Baden-Württemberg lehnt Lang-LKW weiter ab – Unionsfraktion froh

EU-Trailer in Göteborg, 25.25 m lang, zul. Gesamtgewicht 60 t – Foto © Vcx Wikimedia Commons, CC BY 2.0

Enttäuschte Reaktionen kamen aus Stuttgart: „Ungeachtet der nun entschiedenen Rechtsfrage sind wir aus ökologischen Gründen aber weiterhin gegen den Einsatz von Lang-LKW, “ schrieb der badenwürttembergische Verkehrsminister Winfried Hermann in einer Stellungnahme. Der verkehrspolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Ulrich Lange, nannte das Urteil „ein erfreuliches Signal. Zur Halbzeit des Feldversuchs ist damit klar, dass dieser nun bis 2016 weitergeführt werden kann. Erste Erkenntnisse des Versuchs sind vielversprechend: Der Verbrauch kann durch den Einsatz längerer Fahrzeuge um bis zu einem Drittel reduziert werden. Es gibt auch insgesamt weniger Fahrten. Das ist ein wirksamer Beitrag zum Klima- und Umweltschutz. Unsere Straßen werden so effizient genutzt.“

Schleswig-Holsteins Verkehrsminister Reinhard Meyer (SPD) sagte, „dieses Urteil ist in erster Linie eine Bestätigung des Feldversuchs, sagt aber nichts über die generelle Eignung von Lang-LKW für das deutsche Straßennetz aus.“ Durch die Entscheidung hätten die Landesregierung und auch die drei schleswig-holsteinischen Speditionen, die sich am Feldversuch beteiligen, nun rechtliche Klarheit und ein großes Stück Planungssicherheit.
->Quelle(n): bverfg.de; stuttgarter-nachrichten.de; verkehrsrundschau.de; verbaende.com;

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