Avaaz: YouTube fördert Klimaskepsis für Millionen Viewer

21 Millionen Klicks für Klimawandelleugner-Videos

Youtube tut wenig bis nichts gegen Fake News zum Thema Klimawandel. Im Gegenteil: Der Empfehlungs-Algorithmus verbreitet die Videos der Leugner weiter, so im Berliner Tagesspiegel, kombiniert sie sogar mit seriöser Werbung. Und das ohne Wissen der werbenden Firmen. Das ist jedenfalls das Ergebnis einer Untersuchung der Kampagnen-Netzwerks Avaaz. Das hat nämlich die Videos untersucht, die YouTube Benutzern (monatlich rund 2 Mrd.) empfiehlt, wenn sie auf der Plattform nach „globaler Erwärmung“, „Klimawandel“ oder „Klimamanipulation“ suchen. Die von YouTube beworbenen Videos machen den Großteil dessen aus, was sich Nutzer ansehen.

Samsung, L’Oreal, Greenpeace, WWF und andere Weltmarken entdeckten unbeabsichtigte Werbung auf Klima-Falschinformationsvideos – Aufruf an YouTube sofort zu handeln

Die Avaaz-Untersuchung fand heraus, dass YouTube mit seinem Empfehlungs-Algorithmus Millionen zu Klimaverweigerungs-Videos weitergeleitet hat und in einigen dieser Videos Werbung von grünen Top-Marken und Haushaltsmarken laufen lässt. Samsung, L’Oreal, Danone und eine Reihe von Umweltgruppen wie Greenpeace und Friends of the Earth haben YouTube aufgefordert, diese gefährliche Klima-Falschinformation nicht weiter zu fördern.

Foto: Avaaz übergibt 2,3 Mio. Unterschriften für „100 Prozent saubere Energie 2050“ – © Gerhard Hofmann, Agentur Zukunft

Laut dem Bericht von Avaaz enthielten 16% der Top 100 verwandten Videos für den Suchbegriff „globale Erwärmung“ Falschinformationen, mit einem Durchschnitt von über 1 Million Aufrufen pro Video für die Top Ten Videos. Bei den verwandten Videos, die den Nutzern empfohlen werden, die nach „Klimawandel“ gesucht haben, entspricht diese Zahl 8% und steigt auf 21% für den Suchbegriff „Klimamanipulation“. Laut der Untersuchung ist dies nur die Spitze des Eisbergs, da die Empfehlungsalgorithmen von YouTube für etwa 70% der gesamten Zeit, welche die Nutzer auf der Plattform verbringen, verantwortlich sind.

Der Bericht fand außerdem heraus, dass für mehr als 100 Marken auf einigen der entdeckten Klima-Fake-News-Videos Werbung läuft. Bis heute haben Unternehmen wie Samsung, L’Oreal, Decathlon, Carrefour, WWF, Greenpeace Spanien, Nikin und Ecosia Avaaz bestätigt, sie seien sich nicht bewusst gewesen, dass ihre Werbung diese Videos begleitet. Sie haben alle YouTube aufgefordert, sofort zu handeln.

Werbeeinnahmen direkt an Klimawandelleugner

Angesichts des YouTube-Werbemodells ging ein Großteil des Geldes dieser Marken direkt an die Schöpfer dieser Klima-Falschinformationen – wobei 55% der Werbeeinnahmen an den Videomacher und die anderen 45% an YouTube gingen.

Julie Deruy, Senior Campaigner bei Avaaz sagte: „YouTube ist der größte Sendekanal der Welt, und es führt Millionen von Menschen zu Videos mit Klima-Falschinformationen. Es geht nicht um freie Meinungsäußerung, sondern um die kostenlose Werbung, die YouTube für faktisch falsche Videos macht, welche die Menschen über eine der größten Krisen unserer Zeit in Verwirrung stürzen könnten. Fazit ist, dass YouTube keine Falschinformationen anbieten, vorschlagen, fördern, bewerben oder die Nutzer zu Falschinformationen führen sollte“.

Die Videos in diesem Bericht decken ein breites Spektrum an Falschinformations-Themen ab, von Videos mit dem Titel „ACTUAL SCIENTIST: Climate Change is a Hoax“ und „CIA Whistleblower Speaks Out About Climate Engineering Vaccination Danger and 911“ („Wissenschaftler aktuell: Klimawandel ist ein Schwindel“ und „CIA-Whistleblower spricht über klimatechnische Impfgefahr und 911“) bis hin zu der Behauptung, es gebe keine Beweise dafür, dass die CO2-Emissionen der dominierende Faktor des Klimawandels sind.

Die Untersuchung beschreibt vier Beispiele näher: In einem behauptet der Klimawandelskeptiker und ehemalige Greenpeace-Gründer Patrick Moore, es gebe seit dem 21. Jahrhundert keine signifikante Erderwärmung, und zwischen dem Anstieg der CO2-Konzentration in der Atmosphäre und der Erderwärmung keine Korrelation. „Damit ignoriert Moore den Berg von begutachteten Studien, die zeigen, dass Veränderungen des CO2-Gehalts die Ursache für die Erwärmung sind“, heißt es in dem Avaaz-Report. Unter anderem die ökologische Suchmaschine Ecosia hat Werbung in dem Video geschaltet. Das Video hat seit seinem Hochladen 2015 bereits 2,6 Millionen Klicks. Die Klickzahlen dieser Videos wachsen überhaupt ständig, einige Videos haben seit der Avaaz-Untersuchung hunderttausende neue Aufrufen gezählt. In einem anderen Video mit knapp zwei Millionen Klicks werden die Erkenntnisse des IPCC-Reports verdreht und gegen ihn verwendet. In diesem Video wird eine Anzeige von Greenpeace auf Spanisch gezeigt, die auf die Gefahren des Klimawandels hinweist.

YouTube hat schon früher begrüßenswerte Schritte unternommen, um seine Benutzer vor Anti-Impf- und Verschwörungstheorien zu schützen — aber hat nicht mit der gleichen Kraft gegen breitere Falschinformationen und Desinformationsinhalte, einschließlich Klima-Falschinformationen, gehandelt.

Empfehlungen von Avaaz

Nach Beratung mit Industrieexperten, Werbetreibenden und Gesetzgebern auf der ganzen Welt empfiehlt Avaaz YouTube:

  • Entschärfung der YouTube-Empfehlungsalgorithmen – das Unternehmen muss seine kostenlose Promotion von Falsch- und Desinformationsvideos beenden, indem es solche Videos aus seinem Empfehlungsalgorithmus entfernt, beginnend sofort mit Klimafalschinformationsvideos.
  • Desinformation entmonetarisieren – Fügen Sie Desinformation und Fehlinformation zu den relevanten Monetarisierungsrichtlinien von YouTube hinzu und stellen Sie sicher, dass solche Inhalte keine Werbung enthalten.
  • Korrigieren des Datensatzes – mit unabhängigen Faktenprüfern zusammenarbeiten, um Nutzer, die nachweislich falsche oder irreführende Informationen gesehen oder mit diesen interagiert haben, zu informieren und Korrekturen neben diesen Videos vorzunehmen.

AVAAZ-Flashmob auf dem Pariser Platz, Berlin, vor Petersberger Klimadialog – Foto © Gerhard Hofmann, Agentur Zukunft

Avaaz drängt alle Marken, die auf YouTube werben, dazu, ethische Anforderungen an die Platzierung von Werbung auf Plattformen festzulegen, die das Entschärfen des Algorithmus, die Entmonetarisierung von Desinformationen und die Korrektur der Aufzeichnung beinhalten. Avaaz lobt die Marken, die bereits mit dieser kritischen Arbeit begonnen haben.

Julie Deruy, Senior Campaigner bei Avaaz sagte: „Klima Falschinformationen bedrohen die Gesundheit und Sicherheit unserer Gesellschaft und unseres Planeten. YouTube hat bemerkenswerte Schritte unternommen, um gegen Desinformation vorzugehen, aber unsere Untersuchungen beweisen, dass mehr nötig ist. YouTube kann und sollte sofort dazu übergehen, Klima-Fake News in die Borderline-Content-Politik des Unternehmens aufzunehmen und Werbetreibenden zu erlauben, ihre Werbung von Videos mit Klima-Fake News auszuschließen. ”

2015 startete YouTube eine Kampagne, um „dazu beizutragen, die Art und Weise zu ändern, wie Menschen über den Klimawandel diskutieren, damit das Thema und seine Folgen für die Menschen auf der ganzen Welt konkreter und verständlicher werden“. Darüber hinaus hat die Muttergesellschaft von YouTube in Googles Whitepaper vom Februar 2019 über die Bekämpfung von Desinformationen deutlich gemacht: „Wir wollen verhindern, dass unsere Systeme Inhalte bereitstellen, welche die Nutzer auf schädliche Weise falsch informieren könnten, insbesondere in Bereichen, die auf Wahrheitsgehalt angewiesen sind, wie Wissenschaft, Medizin, Nachrichten oder historische Ereignisse. Zu diesem Zweck haben wir eine höhere Messlatte für Videos eingeführt, die über die YouTube-Homepage beworben werden oder die den Nutzern durch die „watch next“-Empfehlungen angezeigt werden.

2014 – Klima-Demos in vielen Städten – Fotos © avaaz.org

Mit der vorliegenden Untersuchung will Avaaz zeigen, wie effektiv YouTube seine Benutzer vor falschen Klimainformationen schützt, und wie gut es die im Februar gemachten Zusagen, speziell im Hinblick auf seine Empfehlungsmaschine, umsetzt. Unsere Ergebnisse zeigen, dass die aktualisierten Richtlinien von YouTube gegen Fehlinformationen nicht gehalten haben, was sie versprochen haben, und dass ihre Algorithmen die Benutzer weiterhin auf schädliche Weise falsch informieren.

Über die Arbeit von Avaaz an Desinformationen: Avaaz ist eine globale demokratische Bewegung mit mehr als 50 Millionen Mitgliedern auf der ganzen Welt. Alle Gelder, welche die Organisation unterstützen, kommen aus kleinen Spenden von einzelnen Mitgliedern. Dieser Bericht ist Teil einer laufenden Avaaz-Kampagne zum Schutz der Demokratie vor den Gefahren der Desinformation in den sozialen Medien. Als Teil dieser Bemühungen haben die Avaaz Untersuchungen:

2015: Avaaz-Plakat 2,3 Mio. fordern 100 Prozent saubere Energie 2050 – Foto © Gerhard Hofmann, Agentur Zukunft

Die Arbeit von Avaaz Arbeit über Desinformation wurzelt in der festen Überzeugung, dass gefälschte Nachrichten, die sich in sozialen Medien verbreiten, eine ernsthafte Bedrohung für die Demokratie, die Gesundheit und das Wohlergehen der Gemeinschaften und die Sicherheit der gefährdeten Menschen darstellen. Avaaz berichtet offen über seine Desinformationsforschung, um Social Media Plattformen, Regulierungsbehörden und die Öffentlichkeit zu alarmieren und aufzuklären, und um der Gesellschaft zu helfen, intelligente Lösungen zur Verteidigung der Integrität unserer Wahlen und unserer Demokratien voranzutreiben.

Youtube verfügt bereits über die technischen Mittel, die Verbreitung von Klimawandelleugner-Videos zu unterbinden. Auf Anfrage von Tagesspiegel Background verweist Google Deutschland darauf, dass bei Klimawandelleugner-Videos eine Hilfeseite verlinkt werde, damit die Nutzer das Video „einordnen“ könnten. Avaaz lobt in seinem Report auch, dass die Plattform bereits „lobenswerte Schritte“ unternommen habe, was die Herabstufung von Fake News betrifft. Avaaz ist auch mit Youtube beziehungsweise Google in Kontakt. „Unsere Empfehlungen, die wir mit Experten entwickelt haben, nehmen sie sehr ernst“, so ein Avaaz-Campainer.

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