5 Jahre Fukushima

DIW und TUB – Rückblick und Ausblick aus deutscher und europäischer Perspektive

Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung und die TU Berlin schauten zurück auf Fukushima – und nach vorne: Ziel der Veranstaltung war sowohl eine rückblickende Erörterung der Ereignisse rund um den März 2011, als auch ein Ausblick auf zukünftige Herausforderungen der Atom- und Energiewende in Deutschland und (vor allem) den europäischen Nachbarländern.

Am 11.03.2011 ereignete sich im japanischen Atomkraftwerk Fukushima I („Daichi“) ein sogenannter GAU, einer der schwersten Unfälle in der Geschichte der Atomkraft, der u.a. zur Kernschmelze der Reaktoren 1, 2 und 3 führte und bis heute nicht unter Kontrolle ist. Seitdem ist praktisch die gesamte japanische Atomwirtschaft ausgefallen (im Frühjahr 2016 gingen vier der insgesamt 44 in Japan verfügbaren Reaktoren ans Netz). Am 14.03.2011, drei Tage nach dem GAU, deklarierte Bundeskanzlerin Angela Merkel in einer Regierungserklärung ein Moratorium auf den Betrieb der sieben ältesten Atomkraftwerke in Deutschland, welches durch die 13. Novelle des Atomgesetzes im Juni 2011 bestätigt und in eine gesetzliche Norm zur Schließung der Atomkraftwerke in Deutschland bis spätestens Ende 2022 überführt wurde.

Fünf Jahre später ist die Bedeutung der Atomkraft auch in anderen westlichen Industrieländern stark zurückgegangen: Viele Kraftwerke werden vorzeitig vom Netz genommen, weil sie selbst die variablen Kosten nicht mehr decken, Neubauprojekte sind sehr selten geworden, in einigen Nachbarländern von Deutschland wie Belgien, DIW-TU-Veranstaltung 5 Jhre Fukushima- Foto © Gerhard Hofmann, Agentur ZukunftFrankreich und Schweden zeichnet sich die beschleunigte Abschaltung von Atomkraftwerken ab. Gleichzeitig gibt es in anderen Ländern noch Pläne zum Auf- bzw. Ausbau einer Atomwirtschaft (u.a. Türkei, Mittlerer Osten, ehemalige Sowjetunion) und China hat sich als eine führende Atommacht etabliert.

Münchmeyer: Viele Niederlagen – Fukushima als Schrecken und Chance zugleich

Tobias Münchmeyer, Greenpeace – Foto © Gerhard Hofmann, Agentur Zukunft

Tobias Münchmeyer von Greenpeace begann seine – „bewusst subjektive“ – Darstellung der Ereignisse mit dem „Vater der pakistanischen Atombombe“, Abdul Kadir Khan aus Pakistan, der, ausgebildet 1962-65 an der TU Berlin, sein Wissen auch an Nordkorea, Iran und Libyen weitergab. Im Mittelpunkt der deutschen Diskussion habe vor acht Jahren weniger die Atomenergie selbst gestanden, als vielmehr der Skandal um die Asse. Damals habe man schon Leckagen mit Kontaminationen im Wasser messen können. Dies nutzte Greenpeace im Herbst 2008, um die Anti-Atom-Bewegung wieder zu beleben. In Tschernobyl projizierten sie „Schon vergessen Frau Merkel?“ an den Sarkophag des GAU-Meilers und besetzten die Kuppel das AKW Unterweser über der aufgepinselten Warnung „Atomkraft schadet Deutschland“ – gleichzeitig ein drastischer Hinweis auf die mangelnde Terrorsicherheit der deutschen AKW: „Wer mit 50 Kilo Farbe auf die Kuppel steigen konnte, hätte das auch mit 50 Kilo TNT machen können…“, so Münchmeyer (Foto © Fred Dott, Greenpeace).

Protest gegen schmutzigen Atom-Deal – Sie liegen als Strahlenopfer zwischen gelben Atommüllfässern, eine Sirene heult. Dazwischen ein Banner: Stoppt Merkels Atomdeal. Greenpeace-Aktivisten protestieren vor dem Berliner InterContinental gegen Angela Merkels Schulterschluss mit der Stromindustrie pro Atomkraft. Im InterConti tagt heute der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW). Die Kanzlerin wird dort eine Rede halten. Zwei der Greenpeace-Atommüllfässer sind besonders abgeschirmt. Sie enthalten radioaktiv verseuchten Erdboden. Er stammt aus der Region Tschernobyl – entnommen rund 50 Kilometer von der AKW-Ruine entfernt.

Zum CDU-Wahlprogramm stellte Greenpeace ein sieben Meter hohes Trojanisches Pferd vors Adenauer-Haus. Denn die Union lehnte zwar damals in ihrem Wahlprogramm „den Neubau von Kernkraftwerken ab“, doch die Parteiführung sprach anders: Merkel erklärte, es sei „jammerschade“, wenn Deutschland aus der Atomenergie aussteige. Der damalige CDU-Generalsekretär Pofalla nannte die Atomkraft eine „Öko-Energie“. Und der seinerzeitige baden-württembergische Ministerpräsident Oettinger wollte die Rahmenbedingungen – auch für Atomkraftwerke der „neuen Generation“ – in Deutschland verbessern.

[2010 hängten 12 Kletterer an der Außenfassade der CDU-Parteizentrale ein 10 mal 7,5 Meter großes Fotobanner auf. Unter der Überschrift „CDU – Politik für Atomkonzerne“ prosten sich Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und der Vorstandsvorsitzende des Atomkonzerns RWE, Jürgen Großmann, mit Schnapsgläsern zu. Die Aktivisten protestieren gegen die Laufzeitverlängerung von Atomkraftwerken und die Klientelpolitik der CDU für die vier Atomkonzerne RWE, E.ON, EnBW und Vattenfall. Sie fordern jeden einzelnen CDU-Abgeordneten auf, gegen die Laufzeitverlängerung zu stimmen. Münchmeyer: „Viele, die vorbeifuhren bekundeten mit Handzeichen oder Hupen ihre Sympathie. Nach einem Störfall schweißten sie das Eingangstor des AKW Krümmel zu – dazu ein Transparent mit der Inschrift: „Geschlossen wegen Unzuverlässigkeit von Vattenfall“.

Gleichzeitig schilderte Münchmeyer die Arbeit von Greenpeace für die Erneuerbaren Energien – beispielsweise eine Aktion am Reichstag(*) – schließlich am 05.09.2009 die große Anti-Atom-Demo in Berlin mit 60.000 Teilnehmern (*). Aber: 14 Tage später gewann Schwarz-Gelb trotz des AKW-Themas. 2010 kam die Laufzeitverlängerung für AKW – die Niederlage schien vollständig. So berichtet Münchmeyer von zahlreichen Rückschlägen – bis am 11.03.2011 Fukushima dann alles verändert habe. Schrecken und Chance zugleich, rein zufällig einen Tag nach (* – einen Tag wonach?).

AKW Neckarwestheim - Foto © Gerhard Hofmann, Agentur Zukunft 0150505_063213

AKW Neckarwestheim – Foto © Gerhard Hofmann, Agentur Zukunft 0150505_063213

Nach Fukushima sei alles einfacher gewesen – wie etwa die Menschenkette(*) um Neckarwestheim. Und Fukushima wirkte nicht nur Deutschland, auch in der Schweiz, in Frankreich (dort hatte man hatte Tschernobyl schlicht verschlafen) -dagegen hat Fukushima in Großbritannien „gar nicht stattgefunden“. Münchmeyer abschließend: „Die Geschichte hört erst 2022 auf, danach folgen aber Zehntausende Jahre Endlagerung. Zweiter großer Brocken ist jetzt der Kohleausstieg“.

 

„Der größte jemals unternommene Versuch zur Auswirkung radioaktiver Strahlung auf Menschen“

Alexander Tetsch - Foto © Gerhard Hofmann, Agentur Zukunft

Alexander Tetsch – Foto © Gerhard Hofmann, Agentur Zukunft

Der Umweltjournalist Alexander Tetsch ließ seinen Bericht in der Frage gipfeln: „Ab welchem Punkt werden die Risiken einer Technologie gesellschaftlich, wirtschaftlich und ethisch untragbar?“ Und er ersetzte „einer Technologie“ schließlich durch „unserer Lebensweise“. Tetsch ist 4.000 Kilometer durch Japan gereist, hat 17.000 Fotos geschossen und 87 Interviews mit Betroffenen, deren Leben durch die Atomkatastrophe von Fukushima dauerhaft verändert wurde, geführt.

Anhand von Auto-Luftfiltern aus Japan veranschaulichte er die Kontaminierung: Wie in den Luftfiltern werde es auch in den Lungen der Menschen aussehen, so Tetsch. Premierminister Abe habe zwar verkündet, es sei alles unter Kontrolle, das sei aber verfrüht gewesen. Der Luftfilter eines Taxis aus Tokio beweist das Gegenteil – und sogar ein solcher aus Seattle hatte noch ein strahlendes Teilchen aus Fukushima. Das zeige, wie weit der Fallout über den Pazifik geweht worden sei. Er, Tetsch, habe aus Japan die Erkenntnis mitgebracht: „In Fukushima läuft seit März 2011 der größte jemals unternommene Versuch zur Auswirkung radioaktiver Strahlung auf Menschen.“

Tetsch - Fukushima 360Der Buchautor (Fukushima 360°) hat recherchiert, dass in den (lecken) Tanks um Fukushima Daichi 795 Mio Liter hoch kontaminiertes Wasser – und darunter fließe ein unterirdischer Fluss, der täglich 300.000 Liter radioaktives Wasser in den Pazifik befördere, dort liege die Strahlung zwar (noch) unterhalb der Grenzwerte, doch die biologische Akkumulation sei noch unerforscht.

In Fukushima City wurden vor dem GAU Strahlungswerte von 0,04 Mikrosievert (µSv = 0,000?001 Sv = 10?6 Sv) gemessen, danach hat Tetsch 0,65 µSv gemessen, das 16fache. Aber die öffentlich aufgestellten Messgeräte zeigen viel weniger an, denn sie hätten (ungewolt strahlungsmindernde) Bleiakkumulatoren um die Radioaktivitätssensoren gruppiert. Andereseits werde die staatlich Dekontaminierung durch Wind, Wetter und Verwehungen konterkariert. Gegenwärtig werden Zigtausende von Plastiksäcken mit radioaktivem Boden gefüllt. Ins Meer versenken, verscharren, verbrennen – alles geht nicht, erst in 30 Jahren Lagerung ist zum Beispiel Cäsium erst zur Hälfte abgeklungen. Cs137 strahlt aber mindestens 300 Jahre bis es ganu abgeklungen ist. So stehen inzwischen 22 Mio. Kubikmeter Erde um Fukushima herum – das entspricht einem Würfel mit einer Kantenlänge von 280 m (der Kölner Dom würde mehrfach hineinpassen) muss so „verarbeitet“ werden. Die „Lösung“: Die Erde wird an Straßen-und Bahnböschungen verbaut.

Am 19.08.2013 sei es zu einer erneuten Kontaminierung nördlich des GAU-Reaktors gekommen – später sei heraus gekommen: Verursacherin war die TEPCO, sie entfernte Dachträger und zersägte kontaministertes Material – der dabei entstehende Staub sei verweht worden. Dazu warten im Abklingbecken 550 Brennelemnet auf Entsorgung. In der Zone (einmal „Obstkorb Japans“ genannt) werden heute 2,44 µSv gemessen – gar 21,06 µSv auf einem Parkplatz vor einer McDonald-Filiale.

Leben nach dem GAU

100.000 Menschen leben heute noch in Containern – Tetsch hat sie besucht, befragt und Fotografiert. 2020 sind in Tokio olympische Spiele, ein wunderschönes olympisches Dorf werde dafür gebaut – aber diese Menschen, so Tetsch, „sollten nicht vergessen werden“. 368.000 erste Personendosimeter seien für Kinder verteilt worden, die Geräte waren aber passive Dosimeter, die über ein Jahr lang Strahlung sammeln und anschließend ausgewertet werden. Diese Geräte – so Tetsch – „dienen der Wissenschaft (wieviel kann ein kindlicher Organismus ertragen bis er krank wird?) und nicht dem Schutz der Kinder.“ Ein hilfloses Faltblatt gibt eher Gesundheitstipps als wirkliche Hilfe gegen das Strahlenrisiko. Kinder dürften nur noch 30 Minuten im Freien spielen – auf einem Sportplatz habe er 14,88 µSv gemessen. Dafür wurden „In-door-Spielplätze“ geschaffen: In Gebäuden gibt es sogar Sandkästen zum Spielen.

Erste gesundheitliche Folgen seien bereits festzustellen: beispielsweise erhöhte Schilddrüsenkrebsraten bei Kindern, selbst bereinigt bleiben sie überdurchschnittlich hoch: Früher habe es auf 1 Million Kinder fünf Fälle gegeben – heute: habe man unter 295.00 Untersuchten in der Präfektur Fukushima 79 Fälle festgestellt, das ist 53mal so viel – auch spätere Untersuchungen hätten das bestätigt.

Ab April 2017 gelte Rückkehrzwang in weniger belastete Zonen, dafür gebe nur einen einmaligen Zuschuss von 780 Euro – wer aber woanders hin umzieht, bekommt nichts. Dafür, dass Japan nicht völlig aus der Atomenergie aussteigt, nennt Tetsch Gründe:

  • das Export-Interesse von Mitsubishi und Toshiba: die AKW-Bauer hätten eine lange Liste mit Vorverträgen
  • der Reingewinn eines AKW betraget pro Tag eine Million Euro
  • und die japanische Regierung wolle eben doch irgendwann Atomwaffen, brauche daher das Plutonium.

„Mythos Atomkraft – Eine Langfristperspektive“

Gerd Rosenkranz, Agora-Energiewende - Foto © Gerhard Hofmann, Agentur Zukunft

Gerd Rosenkranz, Agora-Energiewende – Foto © Gerhard Hofmann, Agentur Zukunft

Gerd Rosenkranz, promovierter Werkstoffwissenschaftler, Diplom-Ingenieur und Kommunikationswissenschaftler, (Agora-Energiewende) sprach über „Mythos Atomkraft – Eine Langfristperspektive“. Eingangs konstatierte er, vieles aus früheren Veröffentlichungen habe sich inzwischen bestätigt, z.B.:

  • die Befürchtung, dass 20 Jahre ohne Kernschmelze keine Garantie für die Zukunft seien, und
  • dass die Atomenergie auch ökonomisch nicht wettbewerbsfähig sei.

Viele AKW-Unfälle seien heute vergessen, oder seien gar nicht bekannt geworden. Kennzeichen zur Unterscheidung von anderen Energieträgern seien die Einzigartigkeit der Risiken, die Unmöglichkeit der umfassenden Sicherung und die Endlagerfrage; dazu kämen große finanzielle Risiken, die stets staatliche Hilfen erforderlich gemacht hätten.

  1. Urgrund des Fundamentalkonflikts um die Atomenergie sei die Singularität der mit ihr verbundenen Risiken und damit die Singularität der Sicherung, dabei darf die Endlagerfrage nicht vergesen werden; Rosenkranz hob die Unbeherrschbarkeit der Risiken hervor, der sogenannte katastrophenfeste Reaktor sei ein ungedeckter Wechsel auf die Zukunft, bis heute. Es habe ja, auch in Europa, nach Tschernobyl weitere Beinahe-Katastrophen gegeben – z.B. in Paks, Ungarn (1999) oder Forsmark, Schweden (2006). Dazu komme „die schlichte Unmöglichkeit, eine sichere Endlagerung zu gewährleisten über Zeiträume, die jede menschliche Vorstellungskraft überfordern. Trotzdem ist es den Schweiß der Edlen wert, über – aus heutiger Sicht – bestmögliche Lösungen nachzudenken“.
  2. Atomkraft sei nicht nur „sicherheitstechnisch hochriskant, sondern auch finanztechnisch. Das haben mittlerweile alle potenziellen Investoren verstanden; die Reaktorhersteller und AKW-Betreiber hätten es von Anfang an erlebt“. Deshalb wurden die ersten AKW staatliche Veranstaltungen, natürlich auch wegen der technologischen Nähe zur Atombombe, aber auch wegen der damit verbundenen Kosten. Es sei allerdings nicht ungewöhnlich, dass der Staat die Anschubfinanzierung leiste, wenn es um die Etablierung von Großtechnologien zur Daseinsfürsorge gehe – ganz besonders auch im Bereich der Stromerzeugung.
    Beispiel Deutschland: Daher seien in Deutschland die ersten drei AKW vom Staat finanziert worden; nun gebe es seit 60 Jahren Kernkraftwerke, aber heute noch „Markteinführungsbeihilfen“.
    Beispiel USA: Weil in den seit 1973 kein Reaktor mehr gebaut worden war, wollte George W. Bush bis 2050 rund 300 neue Atomkraftwerke bauen, das war aber nur möglich, wenn der Staat die Risiken über Staatsbürgschaften übernahm. Also seien Staatsbürgschaften von 80 Prozent ausgelobt worden, Kostenübernahmen für die Genehmigungsverfahren, Haftung bei Unfällen, garantierte Abnahmepreise und Besteuerung der fossilen Konkurrenz. Obama habe es heute mit 54 Mrd. Dollar Staatshaftungszusagen zu tun. Nach 8 Jahren Bush und 16 Jahren opulenter Zusagen seien jetzt vier im Bau, der fünfte, Watts Bar, bereits seit 1973(!), zeitweise stillgelegt, dann wieder aufgenommen, wegen des Tritiums für die Atomwaffenproduktion. In Westeuropa sind heute ganze drei im Bau: in Frankreich und Finnland.
  3. Rosenkranz: „Nie in der Geschichte der Kernenergie hat sich in einem funktionierenden Strommarkt ein Atomkraftwerk ohne staatliche Unterstützung behaupten können – das klingt ungewöhnlich, ist aber wahr.“. Laut IAEA gebe es mehr als 442 Reaktoren weltweit – aber keiner sei ohne staatliche Hilfen in Betrieb gegangen. Das gelte auch für die inzwischen abgeschalteten. In Deutschland genügte seinerzeit ein Antrag bei den zuständigen Aufsichtsbehörden (Länder-Wirtschaftsministerien), unterlegt mit dem Bedarf, den Kosten und den Renditeerwartungen – das sei so lange todsicher gewesen, wie das Parlament die Strompreise festgelegt habe.

„War es das dann mit Fukushima?“

Nun sei die naheliegende Frage: „War es das dann mit Fukushima?“ Die Frage stelle sich umso mehr, als alle diese Erkenntnisse aus einer Zeit stammen, wo PV 40 Ct/kWh kostete, heute sind es in Deutschland 8 und in sonnenreicheren Ländern gar nur 5 Ct/kWh. Rosenkranz: „Der globale Abschied wird länger dauern, als viele glauben und wünschen.“ Dafür nannte er als Gründe – die seien „gegen alle ökonomische Vernunft und das Wissen um die Risiken vielfältig und individuell“:

  • Die nuklear-industriellen Komplexe in den Atomkraftländern hätten „großes Eigengewicht,, das gefüttert werden will“ – wer im eigenen Land nicht tbauen könne, versuche zu exportieren (Sarkozy, Putin als Handlungsreisende).
  • Die wichtigsten Staaten wollten noch nicht glauben, dass es ohne fossile und ohne AKW geht;
    – aktuelles Beispiel: Hinkley Point C, die neuesten Volten: Überlegung, auf Hinkley Point verzichten begleitet von einer HGÜ-Trasse über den Kanal und Import überschüssigen französischen Atomstroms infolge dortiger Reduzierung von 70 auf 50 Prozent), auch vor dem Hintergrund der Klimadiskussion;
    – Japan sei ein besonderer Fall. 2014 sei es unfreiwlillig „atomkraftfreie Zone“ geworden, als alle 54 Meiler stillegelgt worden seien, jetzt gingen die ersten schon wieder ans Netz;
    – in China gebe es anscheinend eine wilde Entschlossenheit, alle Technologien schnellstmöglich auszubauen. 8 von 10 neuen Reaktoren (von weltweit 62 im Bau befindlichen) seien 2015 ans Netz gegangen. Dennoch eine „nicht ganz pessimistische Prognose: Sie werden irgendwann aufhören, denn der Ausbau der Erneuerbaren geht voran – in China haben schon 2013 die Windräder mehr Strom erzeugt als AKW; sie machen eben die Erfahrung, dass Erneuerbare Energien schneller entwickelt werden können als Atomenergie“.
  • Ein wichtiger Grund für das Festhalten an der Atomkraft habe von Anfang an in der Option auf die Bombe bestanden, denn die Grenze zwischen ziviler und militärischer Nutzung der Atomkraft sei fließend. Viele Länder fahren eine Doppelstrategie; immer mehr Länder hätten in den 50er und 60er Jahren mit Atomenergie begonnen – das sei ein Motiv für den Atomwaffensperrvertrag gewesen: Nur wer unterschrieb, Atomkraft nicht militärisch zu nutzen, sollte in den Genuss der Technologie kommen. Eisenhower habe schon 1953 einen ersten Versuch unternommen, die Ausbreitung der Bombe zu bremsen. Aus den Atom-U-Boot-Technologie seien dann die Druckwasserreaktoren entstanden. Bis heute sind die ständigen Mitglieder des Weltsicherheitsrates die Atommächte aus der Gründungszeit – alle „neuen“ nicht. Eine entscheidende Rolle, ob ein Land angegriffen werde, spiele der Besitz der Bombe: z.B. Irak und Nordkorea – der Unterschied: Die einen hatten die Bombe – angeblich – die anderen noch nicht. Rosenkranz nannte in diesem Zusammenhang die angekündiggten oder laufenden Atomprogramme der Türkei, von Ägypten, Saudi-Arabien, Jordanien, Algerien und Tunesien. Das alles sei ein nicht zu unterschätzender Treiber – auch für bestehende Atommächte, siehe Watts Bar. „Insgesamt spielt Geld dabei keine Rolle“ (Rosenkranz).

„In Deutschland war’s das – mit kleinem Fragezeichen „

Rosenkranz glaubt, dass „es das in Deutschland mit Fukshima wirklich war“ – Merkels Satz am 09.06.2011 im Bundestag „Fukushima hat meine Haltung zur Kernenergie verändert“ sei entscheidend gewesen. Was könnten wir nun „tun, damit es bei uns dabei bleibt und andere folgen?“ Die Energiewende müsse „zu einem ökologischen und vor allem ökonomischen Erfolg“ gemachte werden. Und wir müssten die aktuell konkret werden Abwicklungskosten (1 Mrd. Rückbaukosten pro Reaktor ohne Endlagerkosten) offensiv auch ins Ausland kommunizieren – dabei dürfe es nicht heißen „‚Kosten des Atomausstiegs‘ – es sind ‚Kosten des Atomeinstiegs‘, die wir heute präsentiert bekommen“.

 Jochen Alswede vom Bundesamt für Strahlenschutz sprach über „Perspektiven der Atomkraft und der Endlagerung in Deutschland“ – seine (einleuchtende) These: „Mit dem Abschalten 2022 ist der Automausstieg nicht zu Ende“. 28.000 cbm der wärmeentwickelnden Abfälle machen 99,9 Prozent derAktivität aus – für sie muss ein Endlager bis 2031 festgelegt werden. Der Rest sind 600.000 cbm schwach radioaktive Abfälle, die zsuammen 0,1Prozent der Gesamtaktivität ausmachen – davon sollen 305.000 im Schacht Konrad landen. Dabei dürften Finanzierungsfragen keinen Einfluss auf Sicherheitsstandards haben.

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