Gleich 36 Herbizid-Produkte mit dem Wirkstoff Flufenacet sollen verboten werden

Pflanzenschutz – Agrochemie – Foto © Joost J. Bakker – Flickr -New Holland TL 90, CC BY 2.0, commons.wikimedia.org
Nach dem großen Erfolg, der sich beim Glyphosat-Produkt Roundup Powerflex ankündigt, meldet die DUH einen wichtigen Erfolg zu gleich drei Dutzend weiteren zukünftig verbotenen Herbiziden: Auf den Druck der Klageverfahren hin sollen die Zulassungen für die Flufenacet-Mittel Tactic und Elipris und darüber hinaus für alle Pestizid-Produkte mit dem hochgiftigen Wirkstoff Flufenacet widerrufen werden.
Das kündigte das zuständige Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmitteilsicherheit an. Von dem angekündigten Widerruf sind alle 36 in Deutschland verkauften Flufenacet-Produkte betroffen. Im Jahr 2023 gehörte Flufenacet mit ausgebrachten 683 Tonnen zu den am meisten eingesetzten Wirkstoffen in Deutschland. Die DUH bezeichnet die anstehende Entwchsidung als „Erdrutschsieg in unserem juristischen Kampf gegen hochgiftige Pestizide.“
Mit Flufenacet verschwindet nicht nur eines der meist genutzten, sondern auch der gefährlichsten Herbizide vom deutschen Markt: Erst kürzlich hatte die Europäische Lebensmittelsicherheitsbehörde bestätigt, dass Flufenacet mit erheblichen Umwelt- und Gesundheitsgefahren verbunden ist. Demnach wirkt sich der Wirkstoff schädlich auf den menschlichen Hormonhaushalt aus. Außerdem gelangen bei der Anwendung hohe Mengen an Abbauprodukten ins Grundwasser, die sich nicht mehr entfernen lassen. Eines dieser Abbauprodukte ist Trifluoressigsäure (TFA) – eine sogenannte Ewigkeitschemikalie, die überhaupt nicht durch natürliche Prozesse abgebaut werden kann. Die Konzentration von TFA in unseren Gewässern steigt immer weiter an. Auf Initiative deutscher Behörden läuft derzeit ein Prüfverfahren, TFA als reproduktionstoxisch einzustufen.
Flufenacet ist ein gefährlicher Giftstoff und darf keinen Tag länger ausgebracht werden. Daher kämpfen wir nun dafür, dass die Zulassungsbehörde BVL den angekündigten Widerruf aller Flufenacet-Zulassungen unverzüglich in die Tat umsetzt und dem Hersteller keine so genannten Aufbrauchfristen gewährt. Dafür müssen wir notfalls mit gerichtlichen Eilverfahren kämpfen und zeitgleich auch auf EU-Ebene die unverzügliche Aufhebung der Wirkstoffgenehmigung durchsetzen.
DUH-Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch: „Das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit macht auf unseren Druck hin einen überfälligen Schritt: Es kündigt den Widerruf der Zulassungen für Tactic und Elipris und aller weiteren Pestizid-Produkte mit dem gefährlichen Wirkstoff Flufenacet an. Es ist ein Armutszeugnis für das Amt, dass es erst jetzt tätig wird. Das Bundesamt darf nun keine Aufbrauchfristen für erwiesenermaßen gefährliche Pestizide gewähren – dies wäre ein grober Fehler und widerspräche dem Vorsorgeprinzip. Die einzig logische Konsequenz der alarmierenden Warnung der EFSA kann nur das sofortige Verbot aller Flufenacet-haltiger Pestizide sein. Dieser gefährliche Giftstoff darf keinen Tag länger ausgebracht werden. Mit der Wissenschaft im Rücken werden wir gegen mögliche Aufbrauchfristen vorgehen – notfalls vor Gericht.“
In dem alarmierenden Bericht bestätigt die EFSA, dass sich der Herbizid-Wirkstoff schädlich auf den menschlichen Hormonhaushalt auswirkt. Zudem gelangen bei der Anwendung des Wirkstoffs hohe Mengen an Abbauprodukten in das Grundwasser, die nicht entfernt werden können. Die Funde von Trifluoressigsäure (TFA) in Gewässern sind alarmierend. Dies belegt auch der in dieser Woche erschienene Bericht zur Grundwasserbeschaffenheit der Bund-/Länder-Arbeitsgemeinschaft Wasser (LAWA), der von einer nahezu flächendeckenden Belastung durch TFA spricht.
Die DUH hattw aufgrund erheblicher Risiken im September 2024 beim Gericht der Europäischen Union Klage wegen der Genehmigungsverlängerung von Flufenacet eingereicht und den Widerruf der Genehmigung für diesen Wirkstoff gefordert. Bereits im August 2023 hat die DUH Klagen gegen die Zulassungen der Flufenacet-haltigen Pestizide Elipris und Tactic beim Verwaltungsgericht Braunschweig erhoben.
Caroline Douhaire, Rechtsanwältin: „Der Europäische Gerichtshof hat im April 2024 klargestellt, dass die nationalen Zulassungsbehörden dazu verpflichtet sind, bei schädlichen Auswirkungen auf die Gesundheit und unannehmbaren Auswirkungen auf die Umwelt die Zulassungen für Pflanzenschutzmittel zu widerrufen. Solche Auswirkungen liegen in Bezug auf Flufenacet-haltige Pflanzenschutzmittel vor, wie der EFSA-Bericht bestätigt. Nach unserer Auffassung muss deshalb das BVL die Zulassungen dieser Mittel bereits jetzt widerrufen. Es darf nicht – wie es in der Vergangenheit in ähnlichen Fällen praktiziert wurde – auf die Beendigung der Wirkstoffgenehmigung auf EU-Ebene warten.“
Hintergrund:
Der Wirkstoff Flufenacet wird großflächig insbesondere im Getreideanbau eingesetzt. Der Wirkstoff gehört zur Gruppe der PFAS, sogenannte Ewigkeitschemikalien, die sich nicht in der Umwelt abbauen. Besonders besorgniserregend ist die Bildung des Abbaustoffs TFA, der in alarmierenden Konzentrationen in zahlreichen Gewässern nachgewiesen wurde. TFA kann nicht durch natürliche Prozesse abgebaut werden und lässt sich aus Gewässern nicht wieder entfernen, wodurch die Konzentrationen weiter ansteigen. Die gesundheitliche Bewertung von TFA ist laut EFSA-Bericht noch nicht abgeschlossen. Auf Initiative deutscher Behörden läuft jedoch derzeit ein Prüfverfahren, TFA als reproduktionstoxisch einzustufen.
Die DUH führt mit fachlicher Unterstützung von foodwatch mehrere Gerichtsverfahren gegen die Zulassungen von Pestizid-Produkten. Diese richten sich gegen das zuständige BVL. Zusätzlich zu den Herbiziden Tactic der Adama Deutschland GmbH und Elipris der Corteva Agriscience Germany GmbH laufen Verfahren gegen das glyphosathaltige Mittel Roundup PowerFlex des Herstellers Monsanto Agrar Deutschland GmbH sowie gegen das Insektizid Sherpa Duo mit dem Wirkstoff Cypermethrin (SBM Developpement SAS France).
Quellen:
- duh.de/projekte/pestizidklagen
- duh.de/weiterer-grosser-erfolg-der-deutschen-umwelthilfe-gegen-pestizide-bundesamt-kuendigt-widerruf