Lese-/Hörhinweis: „Von der Zukunft des homo sapiens“

„Anmerkungen zur Automatisierung“ – von Mathias Greffrath

„Homo sapiens hat die Hand durch das Werkzeug verstärkt, das Werkzeug zur Maschine entwickelt, seine Sinne durch Sensoren erweitert; zunehmend überlässt er nun die geistige Arbeit den Computeralgorithmen, die bereits die organisierenden, kreativen, musischen Tätigkeiten übernehmen. Durch diese sozio-technische Evolution stieg in Jahrtausenden die Macht der Gattung über die Bedingungen des Überlebens in einer feindlichen Umgebung. Das Leben wurde sicherer und komfortabler – aber die Verfügung des einzelnen Exemplars Mensch über die Bedingungen seines Lebens schrumpft“, so der Einleitungstext auf der Internetseite des Deutschlandfunks zu einem am 02.05.2020 im Dlf wiederholten Essay (Erstsendung: 22.11.2020) von Mathias Greffrath unter dem Titel „Anmerkungen zur Automatisierung – Von der Zukunft des homo sapiens“.

Dlf: „Wenn homo sapiens von seinen Werkzeugen, seinen Gesten, seinen Muskeln, seinen Gedächtnisleistungen und seiner Fantasie befreit wird – was bleibt dann von ihm? Steht er am Ende seiner Laufbahn – oder hat er noch die Freiheit, sapiens zu bleiben?“ Alles digital – Tastatur – Symbolbild © Gerhard Hofmann

„Das Corona-Jahr, immerhin, hat den Nebel über der Zukunft ein wenig gelüftet. Mein Wort des Jahres, aber auch da bin ich wohl nicht allein, heißt ‚Brandbeschleuniger‘. Beschleunigt hat das Virus die Erkenntnis über den Zusammenhang der belastenden Entwicklungen der letzten Jahre: den Klimawandel, die Weltwirtschaft, die Migration, die Kluft zwischen Arm und Reich, den neuen Nationalismus. Beschleunigt aber hat der Lockdown vor allem die Geschäfte der Lieferdienste aller Art, der Versandhändler, der Video-on-demand-Anbieter, der Produzenten von Hard- und Software für Telekonferenzen, Firmenbetriebssysteme, Tracking Apps – all diese Serviceleistungen, die auf den Servern, in den Clouds der ökonomischen Infrastruktur-Großmächte der Epoche laufen: Microsoft, Google, amazon, Facebook, Apple.

Der Lockdown hat ihnen gigantische Profite beschert und mittelständische Unternehmen in den Konkurs getrieben. Ohne die logistischen Leistungen der Plattformen wäre der Lockdown ungemütlich und anstrengender geworden, doch das home office, die Kurzarbeit und die angekündigten Entlassungen ließen die Ahnung aufkommen, dies könne nur ein Vorgeschmack sein auf das, was seit ein paar Jahren Industrie 4.0 und Arbeit 4.0 heißt … die Schlagworte klingen nach Evolution, nach Fortschritt auf einer früher eingeschlagenen Bahn. Das klingt harmlos. Aber es spricht alles dafür, dass diese Entwicklung Teil eines Epochenbruchs ist, der ebenso einschneidend sein wird wie die beiden vorigen Veränderungen im Aggregatszustand der Menschheit: der Übergang zur Sesshaftigkeit und die industrielle Revolution…“ Weiterlesen, bzw. -hören siehe unten.

Mathias Greffrath, Jahrgang 1945, ist Soziologe und Journalist. Er lebt in Berlin, arbeitet unter anderem für die taz, die ZEIT und den Rundfunk. In den letzten Jahren hat er sich in Essays, Hörspielen und Kommentaren mit den sozialen und kulturellen Auswirkungen von Globalisierung und Klimawandel beschäftigt.

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