Nach dem Hype kommt die Anwendung

Neues zu Blockchain und Digitalisierung
von Karl-Heinz Remmers 08.09.2018

Digitale Anwendungen verändern die Energiewirtschaft in ihrer ganzen Breite. Energieexperte Karl-Heinz Remmers (Solarpraxis) wirft in seinem Blog zu Energie und Technik einen Blick in die Zukunft von Blockchain und Digitalisierung unter besonderer Berücksichtigung der Energiewirtschaft.

War das ein Hype im Winter 2017/18 – Bitcoinkurs auf 20.000 Dollar und ein ICO (Initial Coin Offering) nach dem anderen – mit schwindelerregenden Erlösen für oft nicht einmal gut geschriebene „White Papers“. Auch die Solar- und Energiewelt war mit dabei, und nicht einmal neun Monate später sind Staatsanwälte rund um die Welt damit beschäftigt, den vielen Betrugsfällen nachzugehen. Das geht soweit, dass in der Szene diskutiert wird, den eben noch hoch gehandelten Begriff des ICO für die nun kommenden seriöseren Anwendungen gar nicht mehr zu nutzen.

Nach der dicken Party der dicke Kater – und wie gewohnt sortieren viel die Technik der Blockchain mitsamt Bitcoin als bekanntester Blockchainanwendung unter „gescheitert“ oder „alles nur kriminell“ ab. Besonders natürlich diejenigen, deren Hirn angesichts der horrenden Kurssteigerungen bei Bitcoin abgeschaltet hatte und zum Einstieg bei 20.000 Dollar ohne jede Ahnung bewogen hat. Und die nun nur noch schreien. Auch bei einem ICO Kryptotoken zu kaufen, ohne überhaupt ein Unternehmen oder einen echten Businessplan dahinter zu sehen oder auch nur irgendeine Form von formalen Angaben, ist haarsträubend naiv. Vor Gier kann halt keine Regulierung und auch keine Warnung schützen- nach dem Crash von Bahnaktien im 19. Jahrhundert oder New Economy Blase 1999/2000 wiederholte sich eine Übertreibung bei der Einführung einer bahnbrechenden neuen Technik. Diesmal alles im „Turbotempo“.

Schauen wir auf die weiteren Entwicklungen der Technik und der Digitalisierung in der Energiewirtschaft, aber auch deren Finanzierung, so tut sich „behind the Hype“ doch so einiges – wie nach dem epochalen Crash 2000 auch im Internet zu sehen war und ist. Und so habe ich mir neben meinem generell großen Interesse und Arbeiten an Blockchain&Co anlässlich der Konferenz „Digitale Energiewelt 2018“ am 24. und 25.09.2018 in Berlin mit den Kolleginnen und Kollegen von Conexio die verschiedenen Bereiche angesehen:

  • Die Energiewirtschaft gilt allgemein als Spätzünder, was die Digitalisierung in fast allen Prozessen betrifft. Was die Branche in Sachen optimierte Datennutzung oder Künstliche Intelligenz von schnell wachsenden Unternehmen wie Zalando lernen kann erläutert Kshitij Kumar von Zalando im Rahmen der Konferenz im September.
  • Die Nutzung von best practice-Beispielen aus anderen Bereichen der Industrie und des Handels sind für die traditionellen Unternehmen der Energiewirtschaft eine gute Gelegenheit, um selbst des Heft des Handelns zu behalten, eine Art „kampflose Übergabe“ an digitalisierte Großunternehmen ist so auf jeden Fall zu vermeiden, denn die Energie- und Serviceversorgung ist auch 2030 etwas anderes als das „Verkloppen“ von Handys.
  • Gleichzeitig entwickelt sich die Blockchainnutzung global rasch weiter – Energy Web Foundation und Grid Singularity beschreiben den Stand der globalen Digitalisierungsprojekte. Was aber hat der Kunde von der Digitalisierung (oder was sollte er davon haben)?- Diese Frage stellt „Strom DAO“-Gründer Thorsten Zörner am 24.09..
  • Der Blockchain-Hype und die Digitalisierung von Finanzierungen haben bereits heute einiges bedeutend verändert und Projekte auf den Weg gebracht, die weitere weitreichende Veränderungen bringen werden.
  • So findet das „Solarcoin“-Projekt immer mehr Anhänger, und es werden z.B. mit dem „Sunprotocol“ durchdachte „Token- Offerings“ angeboten.
  • Auch die Regulierung schreitet weltweit voran, um zwischen Schrott und Gut besser unterscheiden zu können (oder um aus Angst wie in China die freie Technikentwicklung zu unterbinden).
  • Gleichzeitig muss die Energiebranche Wege finden, wirkungsvoll vor betrügerischen Absichten zu warnen, denn die Idee des „Weltcomputers“ für die Nutzung von Blockchain in div. Datenbereichen aber auch als globale Währung ist weiterhin aktuell und umsetzbar.
  • Auch wie es mit dem Energieverbrauch der Blockchains weitergeht diskutieren wir mit Fabian Reetz von der Stiftung Neue Verantwortung in Berlin.

„Wenn ich heute eine Million Euro brauche, dann brauche ich weder einen Venture Capital-Geber noch muss ich über einen Exit wie einen Börsengang nachdenken“- so ein Vorstand der Energiebranche. Diese Art von Emissionen sind auch durchaus im Bereich mehrerer Millionen machbar, Crowdfinancing oder auch die verschiedenen Arten der Ausgabe von Krypto Token ermöglichen völlig neue Wege zu Adressierung einer oft globalen Investitions-Community.

->Quellen: