26.04. – Tschernobyl-Tag: 29 Jahre GAU

29 Jahre Tschernobyl: Atomenergie hat keine Zukunft – gegen Uranbergbau – für schnellen Bauabschluss der Schutzhülle

„Tschernobyl zeigt, die Gefahren für Gesundheit und Umwelt sowie die gigantischen und unkalkulierbaren Kosten der Atomenergie lassen nur einen logischen Schluss zu: Die Nutzung von Atomenergie hat keine Zukunft und muss weltweit beendet werden“, sagen die SPD-Bundestagsabgeordneten Marco Bülow und Hiltrud Lotze als zuständige Berichterstatter in einer Pressemitteilung.

„Mit viel Verzögerung und deutlichen Kostensteigerungen verbunden soll vermutlich Ende 2017 der neue Sarkophag zum sicheren Einschluss des zerstörten Blocks 4 in Tschernobyl fertig sein. Erst über 30 Jahre nach dem Super-GAU wird dann hoffentlich die vom Reaktorblock ausgehende direkte Gefahr deutlich reduziert.“

Tschernobyl 5 and 6 Foto © Tiia Monto; liz. CC BY-SA 3.0 üb. Wikimedia

Das Problem sei jedoch damit noch lange nicht gelöst, denn der marode Sarkophag müsse noch zurückgebaut und danach der radioaktive Abfall beseitigt werden. Die Ukraine solle sich allein um den höchst komplizierten und immens teuren Rückbau und die Entsorgung kümmern – die internationale Gemeinschaft sollte der Ukraine hierbei helfen. Denn der Bau des neuen Sarkophags werde mit internationalen Geldern finanziert.

Allein die derzeit laufenden Arbeiten zur Sicherung der Ruine würden mehr als zwei Milliarden Euro kosten und damit mindestens das Dreifache der ursprünglichen Schätzung. Der Unfall habe nicht nur schlimme Konsequenzen für Mensch und Umwelt, auch seine Folgekosten fielen gigantisch aus. Das gleiche gelte für Fukushima, wo täglich noch immer radioaktive Strahlung frei werde.

Geschätzte Kosten bis heute rund 84 Milliarden Euro

Tschernobyl – Foto © Carl Montgomery – Wikimedia CC BY-SA 3.0

Lotze und Bülow: „Trotz der hohen Kosten werden immer noch neue Reaktoren gebaut. So wird das im französischen Flamanville entstehende neue AKW mindestens 8,5 Milliarden Euro kosten. Obwohl hier angeblich die neueste Technik für deutlich mehr Sicherheit sorgen soll, wurden schon vor Fertigstellung Probleme beim Druckbehälter festgestellt. Das beweist, dass man Sicherheit nicht garantieren kann. Deswegen gibt es nur eine richtige Schlussfolgerung: Wir brauchen ein weltweites Ende der Atomenergie.“

Hans-Josef Fell: Weltweite Kampagne „Lasst das Uran in der Erde!“ gestartet

Seit mehr als 70 Jahren ist der Uranbergbau für den Tod von Menschen weltweit verantwortlich. Während die Gefahren der Atomkraft durch die Reaktorkatastrophen in Tschernobyl und Fukushima in den Fokus der Öffentlichkeit gerückt sind, ist der schleichende Tod, den der Uranbergbau mit sich zieht, kaum jemandem bewusst.

Vom 14. bis 16.04.2015 fand im kanadischen Québec das World Uranium Symposium statt, um der Weltöffentlichkeit die gravierenden Verletzungen von Menschenrechten und die weiträumige Zerstörung der Natur bei der Urangewinnung vor Augen zu führen. Die Konferenz wurde vom Indianervolk Cree initiiert die gegen den Uranabbau auf ihrem Land kämpft.

Das Symposium startete die internationale Kampagne zur weltweiten Ächtung des Uranabbaus „Leave Uranium in the Ground! – Global Ban on Uranium Mining“ (Lasst das Uran in der Erde! – Weltweites Verbot von Uranabbau). Die Kampagne wird unter dem Dach der in München ansässigen Nuclear-Free Future Award Foundation koordiniert.

Die Kampagne verfolgt das Ziel den Uranabbau vor die Vereinten Nationen zu bringen, damit die Staatengemeinschaft das Thema gemeinsam diskutieren und verbieten kann, wie das beispielsweise im Fall von Uranmunition oder Streubomben bereits geschehen ist.

Die Abschlusserklärung der Konferenz fordert ein weltweites Verbot von Uranexploration, Bergbau, Fräsen und Verarbeitung, sowie der Wiederaufarbeitung von Atommüll und der verantwortungslosen Entsorgung radioaktiver Abfälle. Sie kann hier gezeichnet werden.

Hendricks: Atomruine Tschernobyl dauerhaft und sicher abschirmen

Anlässlich des 29. Jahrestags der Atom-Katastrophe von Tschernobyl dringt Bundesumweltministerin Barbara Hendricks auf eine rasche Fertigstellung der neuen Schutzhülle für das havarierte Atomkraftwerk Tschernobyl in der Ukraine – so eine Pressemitteilung des BMUB. „Die Atomruine muss dauerhaft und sicher von der Umwelt abgeschirmt werden. Wir dürfen nicht riskieren, dass die in den letzten 29 Jahren erzielten Fortschritte wieder zunichte gemacht werden, weil sich die internationale Gemeinschaft nicht auf die Finanzierung für Maßnahmen zum sicheren Einschluss einigen kann.“

Am 26. April 1986 explodierte Block 4 des AKW Tschernobyl

Absolute Priorität hatte nach dem Unfall der schnellstmögliche Einschluss des radioaktiven Materials, um eine weitere Ausbreitung von Radioaktivität zu verhindern: Innerhalb von wenigen Monaten wurde der heute noch existierende Sarkophag gebaut. Allerdings wird dieser zunehmend marode, seine Lebensdauer ist auf 20 bis 30 Jahre begrenzt. Bei einem Einsturz würde erneut Radioaktivität freigesetzt. Um die Atomruine dauerhaft zu sichern, unterstützt die internationale Gemeinschaft die Ukraine daher seit 1997 bei der Erstellung der neuen Schutzhülle mit dem Ziel einer sicheren Umschließung des Reaktors und einem späterem Rückbau.

615 Millionen Euro fehlen immer noch

Allerdings ist die Fertigstellung des Projekts derzeit gefährdet: Zur Fertigstellung fehlen insgesamt rund 615 Millionen Euro. Um ein Scheitern des Projekts zu verhindern, findet am Mittwoch, den 29. April 2015, in London eine Geberkonferenz (Pledging Event) zur Weiterfinanzierung des Projekts statt. Die Konferenz wird von Umwelt-Staatssekretär Jochen Flasbarth im Rahmen der deutschen G7-Präsidentschaft geleitet.

Deutschland dringt im Rahmen seiner G7-Präsidentschaft auf eine zügige Fertigstellung des neuen sicheren Einschlusses (New Safe Confinement) für den havarierten Block 4 und setzt sich für eine sichere Finanzierung der Baukosten im Rahmen des Chernobyl Shelter Fund (CSF) ein. Der deutsche Beitrag in diesen Topf der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung (EBRD) beläuft sich bisher auf rund 90 Millionen Euro. Nach den vom Bundeskabinett beschlossenen Eckpunkten für den Bundeshaushalt ist Deutschland bereit, in den nächsten vier Jahren bis zu weiteren rund 18 Millionen Euro in den Fonds zu geben. Darüber hinaus beteiligt sich Deutschland in erheblichem Umfang an dem Beitrag, den die Europäische Union in den Fonds einzahlt.

Die weitreichenden und langwierigen gesundheitlichen, ökologischen und wirtschaftlichen Folgen des nuklearen GAUs stellten die damalige Sowjetunion – später Russland, Weißrussland, aber insbesondere die Ukraine – vor große Probleme. Noch heute sind weite Landstriche kontaminiert. Die Umgebung des Reaktors im Umkreis von 30 Kilometern ist nach wie vor Sperrgebiet.

Dennoch konnten in den vergangenen Jahren in Tschernobyl auch beachtliche Verbesserungen erzielt werden:

  • Der internationale Austausch und die praktische Zusammenarbeit in Sicherheitsfragen wurden gestärkt.
  • Die Sicherheit für Arbeiter und Umwelt am Standort hat sich signifikant verbessert.

    AKW Tschernobyl – Foto © Mond – Eigenes Werk; liz.u. CC BY-SA 3.0 üb. Wikimedia

  • Für den havarierten Reaktorblock 4 wurde der Bau einer neuen Schutzhülle zu etwa 2/3 fertiggestellt. Endgültige Fertigstellung ist für 2017 geplant.
  • Die Instabilität des alten Sarkophags konnte mittelfristig behoben werden.
  • Die übrigen Reaktorblöcke 1-3 wurden endgültig abgeschaltet und werden derzeit stillgelegt.
  • Ein sicheres Langzeitzwischenlager für abgebrannte Brennelemente befindet sich im Bau.

Die neue Schutzhülle über Block 4, der sogenannte sichere Einschluss (New Safe Confinement, NSC) mit ihren imposanten Ausmaßen von 257 Metern Spannweite, 162 Metern Länge und 108 Metern Höhe soll die Atomruine sichern. Zurzeit werden die zwei nacheinander errichteten Bauhälften des NSC miteinander verbunden. Die weitere Fertigstellung der Verkleidung und Installation der Innenausrüstung erfolgt in sicherer Entfernung vom Sarkophag, bevor die Hülle in ihre endgültige Position über Block 4 Position geschoben wird.

->Quellen: