Widerstand wächst – ein Überblick
In der Woche abdem 14.07.2014 gingen die Verhandlungen zwischen der EU und den USA über die TTIP (Transatlantic Trade and Investment Partnership) in eine neue Runde. Allerdings wächst – unter katalytischer Einwirkung der US-Spionage-Affäre – der Widerstand. Inzwischen reicht er weit in die Reihen der etablierten Politik hinein: So will der CDU-Politiker und Innenausschuss-Vorsitzende Wolfgang Bosbach die Verhandlungen aussetzen. Und Bundesjustizminister Maas sieht TTIP auif Grund spürbar schwindender Akzeptanz bei den Bürgern in Gefahr. Auftauchende Geheimdokumente tun ein Übriges.
Die Frage auf dem Plakat vor dem Bundespresseamt stellen sich – in Bezug auf TTIP – immer mehr Bürgerinnen und Bürger. (Foto © Gerhard Hofmann Agentur Zukunft)
Das TTIP-Abkommen soll Handel und Investitionen zwischen der EU und den USA ausweiten, indem
- ein echter transatlantischer Markt geschaffen wird und
- durch einen besseren Marktzugang sowie
- größere regulatorische Kompatibilität neue wirtschaftliche Möglichkeiten für die Schaffung von Arbeitsplätzen und Wachstum eröffnet werden – schließlich
- der Weg für weltweite Standards geebnet wird.
So die kritische grüne EU-Abgeordnete Ska Keller, die auf vocer.org/der-meinungskampf-um-ttip ihre Sicht auf TTIP veröffentlicht hat.
Intransparenz
Anstatt eines breiten Diskussionsprozesses in Parlament und Öffentlichkeit über die Ziele des (geheimen – aber inzwischen geleakten, s.u.) Verhandlungsmandats und die Inhalte des TTIP gibt es aber bis heute nur Geheimniskrämerei. Das Verhandlungsmandat wurde ohne Beteiligung des Europaparlaments vom Rat verabschiedet und ist offiziell immer noch nicht für die Öffentlichkeit zugängig. ttip-leak will die TTIP-Verhandlungen transparent machen. Dazu gehört, dass das Mandat öffentlich zugänglich ist. Außerdem fordert ttip-leak für die Zukunft ein Mitentscheidungsrecht des Europaparlaments bei der Erstellung von Verhandlungsmandaten.
Zum Verhandlungsauftakt veröffentlichte die Kommission einige Positionspapiere zu TTIP, die erahnen lassen, in welche Richtung die Gespräche gehen. Die Formulierungen sind allgemein und vage gehalten, die Absichtserklärungen für Umwelt- und Verbraucherschutz schwammig und nicht bindend. Die EU-Kommission fühle sich verpflichtet “ein Maximum an Information darüber” bereitzustellen. Diese Aussage erscheint mehr als zynisch, ist doch das offizielle Verhandlungsmandat (also der Verhandlungsrahmen aus EU-Sicht) Verschlusssache und musste erst vom amerikanischen Nachrichtendienst “Inside US Trade” geleakt werden (know-ttip.eu/details/geheime-verhandlungen).
Finanzsektor und Energie
Im Juni erblickte ein weiteres Geheimpapier das Licht des Internets: Darin geht es um TISA (Trade in Services Agreement), ein Abkommen, über das die USA, Kanada, Japan, Australien, die Schweiz und einige Länder in Asien und Lateinamerika derzeit verhandeln: Diverse Dienstleistungsbereiche sollen dadurch liberalisiert werden, dass Regulierungen abgeschafft werden – zum Beispiel die Finanzdienstleistungen.
Zudem tauchte dieser Tage ein weiteres Geheimdokument auf – dieses Mal geht es um den Energiesektor: Fracking könnte – trotz möglichen deutschen und französischen Verbots – demnach bald europäischer Standard werden. In dem Papier wird über Regeln nachgedacht, um binationale Hindernisse bei Handel und Investitionen im Energiesektor zu erleichtern. Wörtlich heißt es: „Angesichts der in den USA stattfindenden Schiefergas-Revolution sind europäische und amerikanische Energie- und Rohstoffunternehmen zukünftig abhängig von freien Märkten.“
Hier eine Reihe kritischer Veröffentlichungen zu TTIP:
- Quellen: Unautorisierte Veröffentlichungen mehrerer interne Positionspapiere der EU und der deutschen Verhandlungsführer im Internet.
- Definition und kritische Erläuterung der TTIP auf Wikipedia
- Aufrufe auf: campact.de, Lobby-Control (120 zivilgesellschaftlichen Organisationen verlangen grundlegende Wende im Verhandlungsprozess), attac.de und bund.net
- Deutschlandfunk Wortwechsel mit Klaus Staeck, Akademie der Künste; Olaf Zimmermann, Deutscher Kulturrat; Verena Metze-Mangold, Deutsche UNESCO-Kommission; Maurice Gourdault-Montagne, französischer Botschafter in Deutschland; Gerhard Pfennig, Initiative Urheberrecht; Hans-Jürgen Urban, IG Metall
- Die Zeit: „TTIP gehört öffentlich diskutiert!“ von Petra Pinzler
- Deutschlandradio Kulturfragen: Mehr Einfluss für Konzerne? – Die geplante Freihandelszone zwischen EU und USA. Von Caspar Dohmen (Audio)
- Süddeutsche Zeitung:“Eine Debatte der Furcht“ von Nikolaus Piper
- Deutschlandfunk Hintergrund Politik: Warum die Kunstszene die TTIP-Verhandlungen fürchtet. Von Maria Ossowski (Audio)
- Huffington Post: EU ermuntert US-Regierung in einem Geheimpapier (TTIP-Non Paper), unter dem TTIP-Deckmantel Fracking und Offshore-Ölbohrungen auszuweiten.
->Quellen und weitere Informationen: