„Starkes Signal zur AKW-Verbesserung”

Wiener Konferenz verankert technische Sicherheitsziele in Übereinkommen – mit kommentierender Nachbemerkung über das Nicht-Diskutierte

 Die internationale Staatengemeinschaft hat „ein starkes Signal zur weiteren Verbesserung der Sicherheit aller Atomkraftwerke in Folge der Reaktorunfälle in Fukushima“ gegeben, sagt das Bundesumweltministerium in einer Aussendung: Im Rahmen der Wiener Tagung zum Übereinkommen über nukleare Sicherheit hätten die Vertragsstaaten zur Vermeidung von Freisetzungen von Radioaktivität als Folge von Unfällen beschlossen, technische Sicherheitsziele in dem Übereinkommen zu verankern. Diese könnten bei den laufenden Atomkraftwerken Nachrüstungen erforderlich machen.

Genaue Formulierungen werden erst 2015 verhandelt

AKW Fessenheim – Foto © Florival_fr derivative work César – Licensed under CC BY-SA 3.0 via Wikimedia Commons

Die EU-Mitgliedsstaaten unterstützten geschlossen den Vorschlag zur Verankerung von technischen Sicherheitszielen und haben so maßgeblich zum Erfolg der am 04.04.2014 beendeten, fast zweiwöchigen Konferenz beigetragen (der sechsten Überprüfungstagung zum Übereinkommen über nukleare Sicherheit). Der von der Schweiz vorgelegte Vorschlag wurde mit 42 Zustimmungen bei 14 Enthaltungen und nur zwei Gegenstimmen verabschiedet. Die genauen Formulierungen für die technischen Sicherheitsziele sollen aber erst 2015 von einer diplomatischen Konferenz verhandelt werden.

Bundesumweltministerin Hendricks: „Wir haben uns in Wien mit Nachdruck dafür eingesetzt, Lehren aus den Reaktorunfällen in Fukushima zu ziehen und das Übereinkommen über nukleare Sicherheit als Instrument zur weltweiten Verbesserung der nuklearen Sicherheit wirkungsvoller zu nutzen. Der nunmehr angenommene Vorschlag zur Verankerung von technischen Sicherheitszielen unterstreicht dies, da er – wie bereits schon in Deutschland – auf eine dynamische Weiterentwicklung der Sicherheitsanforderungen zielt und in zahlreichen Staaten die Nachrüstung von Atomkraftwerken erforderlich machen wird.“

Nach Informationen der Ärzteorganisation IPPNW geht vom AKW Gundremmingen akute Gefahr aus: „Der Turbinenkondensator kann jederzeit und mit erschreckend hoher Wahrscheinlichkeit ausfallen. Die Folge wäre ein plötzlicher Druckstoß im Reaktor, der den so genannten Auslegungsdruck weit überschreitet“, warnt IPPNW-Atomenergieexperte Henrik Paulitz.  Statistisch gesehen (TÜV Süd und GRS) muss etwa alle 1,4 Jahre mit der Auslösung dieses Störfalls gerechnet werden. Das Hauptproblem dabei: die Ventile in den Frischdampfleitungen  schließen sich schlagartig. Dies führt zu einer beschleunigten Zunahme der atomaren Kettenreaktionen und zu einem explosiven Druckstoß im Reaktor.

Von Deutschland eingebrachtes NERDA-Konzept begrüßt

Die sechste Überprüfungstagung hat erneut gezeigt, wie notwendig eine länderübergreifende wirkungsvolle Koordinierung des anlagenexternen Notfallschutzes ist. Hierzu wurde im Hinblick auf das von Deutschland eingebachte Konzept NERDA (kurz für: Nuclear Emergency Response Decision Approach) von der internationalen Gemeinschaft begrüßt, dass Deutschland eine europaweite Abstimmung des Konzepts initiiert hat. Das Konzept wurde für schwere Reaktorunglücke mit großen Infrastrukturschäden entwickelt. Auf Basis einfachster und robuster Kriterien soll es in solchen Fällen helfen, Entscheidungen über eilige Maßnahmen zum Schutz der Bevölkerung zu treffen.

Die siebte Überprüfungstagung findet im März/April 2017 in Wien statt.
Folgt: Hintergrund und kommentierende Nachbemerkung über das Nicht-DiskutierteZum Hintergrund:

Das Übereinkommen über nukleare Sicherheit wurde nach dem Unfall im Kernkraftwerk Tschernobyl 1986 und den politischen Umwälzungen in Osteuropa zu Beginn der 1990er Jahre unter maßgeblicher Beteiligung Deutschlands initiiert und ist seit dem 24.10.1996 in Kraft. Deutschland ist seit dem 20.04.1997 Vertragspartei. Das Übereinkommen ist ein völkerrechtliches Instrument der gegenwärtig 76 Vertragsparteien.

Die wichtigsten Ziele des Übereinkommens bestehen in der Erreichung und Beibehaltung eines weltweit hohen Standes der nuklearen Sicherheit von Atomkraftwerken, in der Gewährleistung wirksamer Abwehrvorkehrungen gegen mögliche radiologische Gefahren und in der Verhütung von Unfällen mit radiologischen Folgen bzw. in deren Folgenminderung. Jede Vertragspartei hat die erforderlichen innerstaatlichen Schritte zur Erfüllung der Verpflichtungen aus dem Übereinkommen zu unternehmen und den anderen Vertragsparteien darüber alle drei Jahre schriftlich in Form eines Berichts und mündlich im Rahmen einer zweiwöchigen Überprüfungstagung aller Vertragsparteien zu berichten.

Die Frage „Wohin mit dem Abfall?“ stand zwar nicht auf der Tagesordnung – das hätte dieselbe allerdings einer Lösung auch nicht näher gebracht. Ebenso wenig die Frage, warum die Menschheit mit Billionen Steuergeldern für ein bisschen Nuklearstrom unentwegt tödlich strahlenden Müll herstellt – am Ende mehr als 100.000 Tonnen, die eine Million Jahre terrorsicher eingeschlossen werden müssen. Es gibt kein bekanntes historisches Datum, das eine Million Jahre zurückläge. Und die von den unbelehrbaren Atom-Verfechtern gebetsmühlenhaft herbei zitierte Transmutation (Entschärfung strahlenden Materials) ist bis heute über einen schönen Alchimisten-Traum nicht hinaus gediehen. Experten sagen, sie bleibe das auch. Die Agentur Zukunft wird den Verdacht nicht los, es gehe gar nicht um die (teure) verharmlost so genannte „Kern“-Energie, sondern um das (bombenfähige) Plutonium; das hat ja „nur“ 24.000 Jahre Halbwertszeit. Zu viele Staaten halten sich nämlich erst dann für „erwachsen“, wenn sie über Atom- oder Wasserstoffbomben befehlen. Mit den Kosten für das alles beschäftigte sich die Konferenz auch nicht – wie auch: Würde man AKWe ehrlich gegen GAUe versichern, dazu Bau, Abriss und Lagerung berechnen, käme eine einzige Kilowattstunde Atomstrom sehr wahrscheinlich auf mehr als  einhundert Euro.
-Gerhard Hofmann-

->Quelle: solarify.eu; bmub.bund.de; contratom.de; ippnw.de